Putzaktion gegen das Vergessen

Riegelsberg · Auf den Tag genau 77 Jahre nach der Reichspogromnacht polieren Schüler am Montag Stolpersteine in Riegelsberg. Diese erinnern an Opfer der NS-Diktatur. Der Künstler Gunter Demnig hatte die Stolpersteine im April verlegt.

 Am Montag polieren Jungen und Mädchen der Leonardo-da-Vinci-Schule die Stolpersteine in Riegelsberg. Foto: Monika Jungfleisch

Am Montag polieren Jungen und Mädchen der Leonardo-da-Vinci-Schule die Stolpersteine in Riegelsberg. Foto: Monika Jungfleisch

Foto: Monika Jungfleisch

Am 9. November 1938 wurden Synagogen angezündet, jüdische Geschäfte geplündert, Bücher verbrannt und Juden öffentlich gedemütigt. Damit sich solch ein menschenverachtendes Verhalten nicht wiederholt, polieren Jungen und Mädchen der Leonardo-da-Vinci-Gemeinschaftsschule in Riegelsberg am 9. November 2015 die Riegelsberger Stolpersteine, mit denen an die Opfer dieser dunklen NS-Zeit erinnert wird.

Die ersten Gedenksteine für NS-Opfer in Riegelsberg wurden vor rund einem halben Jahr verlegt. Die zehn mal zehn Zentimeter großen Messingtafeln erinnern an Opfer der NS-Diktatur, sie tragen die Namen der Opfer und ihre Geburtsdaten und geben Auskunft über ihr Schicksal . Die Stolpersteine liegen im Bürgersteig vor den ehemaligen Wohnhäusern in Riegelsberg , deren jüdische Bewohner geflohen, vertrieben, in Konzentrationslager deportiert, ermordet oder von Familienmitgliedern und Nachbarn versteckt wurden. Letzteres ist in Riegelsberg auch geschehen. Damit die Inschriften der Stolpersteine gut lesbar bleiben, organisiert das Aktionsbündnis "Stolpersteine für Riegelsberg " diese erste Putzaktion am kommenden Montag. Auch zukünftig wollen Schülerinnen und Schüler der Leonardo-da-Vinci-Schule in regelmäßigen Abständen im Rahmen eines Schulprojektes die Messingplatten polieren.

Erinnerung lebendig halten

"Mit unserer Putzaktion wollen wir das Gedächtnis an diese dunkle Seite unserer Geschichte aufpolieren und die Schicksale der NS-Opfer ins Gedächtnis rücken", erklärt der Sprecher des Aktionsbündnisses, der evangelische Pfarrer i.R. Volker Junge. "Vor allem wollen wir den Prozess des Erinnerns am Laufen halten und den Schülern und Bürgern ins Bewusstsein rufen, dass ein gewaltfreies, respektvolles und menschenwürdiges Miteinander jeden Tag aufs Neue verteidigt werden muss."

Die Schüler werden um 8.45 Uhr mit Putzeimern, Scheuermilch, Putzlappen und Wasser zum Nachspülen die ersten drei Stolpersteine für Henriette, Arthur und Dr. Rudolf Neumark in der Talstraße 16 säubern, anschließend geht's weiter in die Kirchstraße 20 zu den Stolpersteinen für Leonie, Armand und Renée Albert sowie für Amanda, Robert, Ilse und Rosi Salmon. Zum Abschluss werden die Stolpersteine für Adele, Erich und Paul Gross in der Invalidenstraße 1 gereinigt.

Das Aktionsbündnis Stolpersteine für Riegelsberg freut sich, dass die Zusammenarbeit mit der Gemeinschaftsschule in Riegelsberg weitere Früchte trägt und damit der Prozess einer historischen Aufarbeitung der NS-Zeit in Riegelsberg fortgeführt wird. So haben die Schüler mit ihren Lehrerinnen Dr. Christine Conrad und Ulla Roth auch im neuen Schuljahr an ihrem "Projekt Stolpersteine" weitergearbeitet und sich Gedanken für eine fest installierte Ausstellung in der Schule gemacht. "Wir wollen auch eine Broschüre gemeinsam mit den Schülern erstellen, in der die Schicksale der bisher erforschten Opfer der NS-Gewaltherrschaft in Riegelsberg festgehalten werden", erklärte Dr. Christine Conrad.

Ausstellung im Rathaus

Ebenfalls angestoßen vom Aktionsbündnis Stolpersteine für Riegelsberg wurde eine Gemeinschaftsausstellung des Künstlerischen Beirates der Gemeinde Riegelsberg mit den Leonardo-da-Vinci-Schülern. Die Vorbereitungen für die Kunstausstellung mit Arbeiten der Schüler und den örtlichen Künstlern laufen seit Mitte des Jahres. Die Ergebnisse zu ihrer künstlerischen Umsetzung des Themas "Was hält uns zusammen, was reißt uns auseinander?" werden am 8. Mai in der Rathaus-Galerie präsentiert.

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