Der Kunde wird zum Künstler

Saarbrücken · Das Nauwieser Viertel ist für seine originellen Geschäfte bekannt. Seit kurzem ist es um eines reicher: Die Saarlouiserin Kathrin Rietmann weckt mit ihrem Laden die Lust zum Selbermachen.

 So sieht es aus, wenn Inhaberin Kathrin Rietmann selbst Keramik bemalt. Foto: Iris Maurer

So sieht es aus, wenn Inhaberin Kathrin Rietmann selbst Keramik bemalt. Foto: Iris Maurer

Foto: Iris Maurer

Eine studierte Tourismusmanagerin aus Saarlouis möchte sich selbstständig machen, holt sich Hilfe bei der Gründerberatung, stolpert über einen leer stehenden Laden in Saarbrücken und eröffnet ein Reisebüro. Klingt logisch, klingt rational, klingt nicht nach Kathrin Rietmann. Anstatt Reiseprospekte stehen in ihren Regalen Keramik-Rohlinge, kunterbunte Farben und Pinsel. Wer sie schwingt? Rietmanns Kundschaft. Frei nach dem "Do it yourself"-Trend aus den USA kann hier jeder zum Künstler werden. Tassen, Bilderrahmen oder Salzstreuer bemalt jeder, wie es ihm gefällt. Hauptsache: selbstgemacht. "Malbar" heißt das Geschäft, das die 31-Jährige im November im Nauwieser Viertel eröffnet hat. Und wie es der Name verrät, gibt es in der Malbar auch Getränke. Serviert in selbstgestalteter Keramik .

"Ich kann selber gar nicht so gut malen", sagt Rietmann und lacht. Aber genau das sei die Philosophie der Malbar: "Man muss hier kein Künstler sein, um etwas Schönes zu machen." Und das geht so: Aus über 100 verschiedenen Keramik-Rohlingen wählen sich die Kunden das aus, was sie gerne bemalen möchten. "Bei Männern ist die Oldtimer-Spardose besonders beliebt", sagt Rietmann. Die verschiedenen Modelle kosten zwischen 12 und 20 Euro, Materialien und Beratung inklusive. Dann geht es an die Farb- und Pinselauswahl. Jetzt heißt es nur noch, sich an einen der hellen Holztische zu setzen und loszulegen.

Bis zu 35 Menschen können zeitgleich in der Malbar wirken. Keramikkacheln in der Ladenmitte sorgen für die nötige Inspiration. Dort hat Rietmann verschiedene Maltechniken festgehalten, die sie auf Anfrage erklärt. Viele würden aber einfach drauf losmalen. "Ich hatte auch schon eine Kundin, die ein Teil ihres Villeroy-&-Boch-Services nachgemalt hat, weil es ihr kaputtgegangen ist", erinnert sich die junge Inhaberin. Ist das Kunstwerk fertig bemalt, glasiert es Rietmann und steckt es in den runden Brennofen, der im hinteren Ladenteil steht. Bei 1005 Grad Celsius brennt dieser die Farben ein. Nach drei bis vier Tagen kann das fertige Unikat dann abgeholt werden. "Das ist der schönste Moment für mich, weil die Leute total stolz auf ihre Sachen sind", sagt Rietmann. Dass ihr Menschen am Herz liegen, spürt man. Wenn sie darüber spricht, dass sich nicht jeder einen Besuch bei ihr leisten kann. Und dass sie das nachdenklich gemacht habe. "Ich möchte Firmen dazu animieren, Kinderheimen einen Besuch in der Malbar zu ermöglichen", sagt sie. Die ersten Kontakte seien geknüpft.

Die Idee zur Malbar hat Rietmann aus Frankfurt mitgebracht, wo sie vier Jahre lang gearbeitet hat. Wie in vielen deutschen Großstädten ist das Keramik-selber-Bemalen dort schon länger Trend. Entsprechend viele Läden gebe es. "Man kann total gut abschalten, das ist besser als jede Therapie", scherzt sie. Und wie kommt das Konzept im Saarland an? Rietmann zeigt sich sehr zufrieden. "Fürs Wochenende sollte man schon reservieren", empfiehlt sie.

Einmal im Monat gibt es Sonderaktionen wie "Babymalen" und "After-Work-Malen", weitere sollen folgen. Auch ein Junggesellinnen-Abschied hat sich angekündigt. "Bald kommt eine Hundeschule vorbei, um Fressnäpfe zu bemalen", verrät Rietmann. Wer dabei genau den Pinsel schwingt, sei noch offen.

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