Wo Behinderte gesucht werden

Saarbrücken · Viele Behinderte suchen händeringend Arbeit. Das wurde gestern auf der ersten Jobmesse in Saarbrücken deutlich, die speziell auf Menschen mit Handicaps zugeschnitten war. Hunderte waren gekommen.

 Tanja Gailing (l.) erläutert Sigrid Paul die Möglichkeiten von Integrationsbetrieben. Foto: Becker&Bredel

Tanja Gailing (l.) erläutert Sigrid Paul die Möglichkeiten von Integrationsbetrieben. Foto: Becker&Bredel

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Sigrid Paul will trotz ihrer Erkrankung, die sie zeitweise an den Rollstuhl fesselte, nicht aufgeben. "Ich möchte arbeiten, ich bin doch erst 48. Ich kann nicht nur zu Hause sitzen." Sie ist aufgrund ihrer Krankheit schwerbehindert. Daher war die Jobmesse, die gestern im Sitzungssaal der Arbeitsagentur in Saarbrücken stattfand, die richtige Anlaufadresse. Dort stellten sich Unternehmen vor, die im hohen Maß behinderte Menschen einstellen. Diese dürfen das Siegel eines Integrationsunternehmens tragen. Daher hieß die erste Jobmesse dieser Art "Alle-im-Betrieb - Arbeiten in Integrationsbetrieben".

800 behinderte Arbeitslose waren eingeladen. Die meisten kamen, was zeitweise für drangvolle Enge in dem Saal sorgte. Im Saarland gibt es elf Integrationsbetriebe, bundesweit sind knapp es 850. Sie bieten sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze . Dauerhaft müssen 25 bis 50 Prozent ihrer Mitarbeiter Menschen mit Behinderung sein. In den elf Saar-Firmen arbeiten 165 Leute, 90 davon sind schwerbehindert. Ihre Arbeitsplätze werden durch Leistungen des Integrationsamts gesichert. Diese Behörde war auch Mitveranstalter der Jobmesse.

Sigrid Paul suchte das Gespräch mit den Vertretern dieser Betriebe. Die Merzigerin erzählt, dass sie gelernte Krankenpflege-Helferin ist und eine Umschulung als Seniorenbetreuerin absolvierte. Sie möchte sich gern um behinderte Menschen kümmern. "Trotz meiner Ausbildung habe ich auf dem regulären Arbeitsmarkt keine Chance, weil bei gleicher Qualifikation immer der Gesunde genommen wird", musste sie erfahren.

Eine ihrer Gesprächspartnerinnen ist Tanja Gailing, die ihr den Integrationsbetrieb Cap erklärt, eine Tochter der Reha GmbH. Cap ist der "freundliche Frischemarkt", so der Slogan. Im Saarland gibt es drei davon: in Elversberg, Saarbrücken-Malstatt und Sulzbach. "Wir beschäftigen neun behinderte Menschen", erzählt Gailings Kollegin Bernadette Kockler. Das Besondere wird auch gelebt. "Wir sind barrierefrei, begleiten Leute beim Einkaufen und liefern die Ware auch aus", sagt Kockler.

Vielen Behinderten sieht man ihr Handicap nicht an. So auch Stefan Gervasoni aus Saarbrücken . Der kräftige Mann hat früher Abriss- oder Brandsanierungsarbeiten erledigt und später als Hausmeister gearbeitet. Heute hat er Probleme mit einem Bein, will aber trotzdem gebraucht werden und etwas leisten.

Viel an der frischen Luft wäre er im Neunkircher Integrationsbetrieb Haseler Mühle, ein Tochterunternehmen der Neuen Arbeit Saar. Dort pflanzen 15 Mitarbeiter - davon acht mit Behinderungen - rund 250 Sorten an Wildkräutern wie Salbei oder Margeriten an, ernten deren Samen, verpacken und verkaufen sie. "Solche Wildkräuter-Bepflanzungen sind künftig als Ausgleichsmaßnahme verpflichtend, wenn zum Beispiel eine Straße gebaut wird", sagt Betriebsleiter Jürgen Michel - also gute Aussichten für die Haseler Mühle. Wachsen soll auch die Zahl der Integrationsbetriebe. Daher hat der Bund das Programm Inklusionsinitiative II auf Kiel gelegt. Für das Saarland sind 1,8 Millionen Euro vorgesehen. "Bis zu 100 Jobs und Ausbildungsplätze für schwerbehinderte Menschen könnten damit geschaffen werden", sagt Jürgen Dupont, Referatsleiter Integrationsamt und Inklusionsprojekte im Landesamt für Soziale Dienste.

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