Brüssel stärkt Uber und Co

Brüssel · Der Fahrdienst Uber wurde in Deutschland, Frankreich und Belgien ausgebremst. Die EU-Kommission hält dies aber für keinen guten Weg. Sie versucht, derartige Start-Ups salonfähig zu machen.

Es gibt EU-Kommissare , die, wenn sie so richtig sauer sind, schon mal die amtliche Würde hinter sich lassen. So geschehen vor zwei Jahren: Die Stadt Brüssel hatte gerade den Taxi-Ersatzdienst Uber verboten, da schimpfte die damalige Digitalkommissarin Neelie Kroes über Twitter : "Eine verrückte Entscheidung. Zeigen wir unsere Wut." Darunter prangte ein selbst entworfenes Banner "Uber ist willkommen". Kroes ist seit einigen Monaten für Uber tätig. Gestern zogen ihre Nachfolger bei der Kommission nach und legten einen Entwurf vor, mit dem die Mitgliedstaaten veranlasst werden sollen, Uber und anderen Start-Ups das Leben nicht so schwer zu machen. "Die neuen Geschäftsmodelle sollten in einer verantwortungsvollen Weise gefördert werden", heißt es in einer Erklärung von Kommissions-Vize Jyrki Katainen sowie seiner Kollegin Elzbieta Bienkowska. Die sogenannte kollaborative Wirtschaft sei "eine Chance für Verbraucher, Einzelunternehmer und Unternehmen". Tatsächlich liegen Uber sowie der Zimmer-Vermittler AirBnB, der Finanzdienstleister Lendico oder die Arbeitszentrale Wework im Trend. Sehr zum Ärger angestammter Interessensverbände wie der Taxi-Unternehmen oder des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes.

Vor allem Uber hat in einigen Mitgliedstaaten den Zorn der Politik auf sich gezogen. In Deutschland, Frankreich und Belgien wurde das Unternehmen, das private Fahrer mit ihren Autos als Taxi-Ersatz vermittelt, ausgebremst. Das sei aber kein Weg, meint die Kommission: "Absolute Verbote sollten das letzte Mittel bleiben." Stattdessen müssten die Mitgliedstaaten alles daransetzen, die neuen Anbieter nicht mit überzogenen Auflagen zu behindern. "Solche Plattformen brauchen keinen Genehmigungs- oder Zulassungsanforderungen zu unterliegen, wenn sie lediglich als Vermittler zwischen Verbrauchern und den Anbietern der eigentlichen Dienstleistung auftreten", heißt es im Dokument aus dem Haus von Kommissionschef Jean-Claude Juncker . Auch von der Haftung für Informationen, die im Namen von Dienstleistern aufgenommen werden, müssten die Start-Ups nicht haften. Für Privatpersonen, die die Angebote nutzen wollen, dürfe es keine "unverhältnismäßigen Pflichten" geben. Solche Hinweise sind eindeutig auf Uber und AirBnB gemünzt.

Während der Fahrdienste-Anbieter im Dauerclinch mit Behörden und Taxiverbänden liegt, unter anderem weil die privaten Fahrer über keine Personenbeförderungslizenz verfügen, kämpft der Wohnungsvermittler in Deutschland gegen das Zweckentfremdungsgesetz, das private Fremdvermietungen von Zimmern einen Riegel vorschieben will. Dabei zeigen sich immer mehr Bundesbürger bereit, Eigentum nicht mehr zu kaufen, sondern zu leihen.

In einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts TNS-Emnid gaben 45 Prozent der Befragten an, eine positive Einstellung zur gemeinsamen Nutzung von Autos und Wohnungen zu haben. 66 Prozent hielten dies für einen Beitrag zum Schutz der Umwelt, 30 Prozent zeigten sogar Interesse daran, statt eigener Kleidung Anzüge oder andere Outfits zu leihen. Ob es der Kommission gelingt, Uber und AirBnB salonfähig zu machen, ist offen. Die Mitgliedstaaten werden in den kommenden Monaten über den Vorstoß entscheiden.

Meinung:

Uber-trieben?

Von SZ-Korrespondent Detlef Drewes

Bei dem Vorstoß der Brüsseler Kommission geht es um mehr als Zweckentfremdungsbestimmungen oder Personenbeförderungslizenzen. Die traditionellen Unternehmen wurden mit Auflagen, Zulassungsvoraussetzungen und Zertifizierungspflichten überzogen. In dem Streit geht es um eine Zeitenwende, und die Frage heißt: Regulieren, um die Neuen auf das Level der traditionellen Unternehmen zu hieven? Oder Deregulieren, um überbordende Bürokratie abzuschaffen? Die Kommission scheint bereit, den Start-Ups jeden Stein aus dem Weg zu räumen. Und sie macht es sich damit zu leicht. Ein fairer Wettbewerb ist nicht gegeben, solange die einen horrenden Anforderungen genügen müssen, von denen man die anderen befreien möchte.

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