Wirbel um Bezahlung von Flüchtlingen

Berlin/Saarbrücken · Flüchtlinge müssen vor Anerkennung eines Abschlusses oft noch in Praxisphasen Fertigkeiten nachholen oder nachweisen. Ob Arbeitgeber dafür auch Mindestlohn zahlen müssen, ist umstritten.

 Ein Flüchtling bei einem Qualifizierungskurs in einer Werkstatt. Muss er dort Mindestlohn bekommen? Symbolfoto: Hadem/dpa

Ein Flüchtling bei einem Qualifizierungskurs in einer Werkstatt. Muss er dort Mindestlohn bekommen? Symbolfoto: Hadem/dpa

Flüchtlinge müssen bei Betriebspraktika zur Nachqualifizierung nicht mit Mindestlohn bezahlt werden. Das geht aus einem Papier des Bundesarbeits-, Finanz- und Bildungsministeriums hervor, über das zuerst die "Süddeutsche Zeitung" berichtet hatte. Der Mindestlohn soll demnach nicht für Praktika zum Ausgleich fehlender Kenntnisse zur Anerkennung eines Berufsabschlusses in Deutschland gelten. Er soll auch nicht bei Anpassungslehrgängen und Vorbereitungskursen für eine Zulassung etwa als Arzt oder Krankenschwester greifen.

Solche Praxisphasen seien wie ein Pflichtpraktikum zu werten, für die der Mindestlohn nicht gilt. Somit könne eine Ausbildungsvergütung gezahlt werden. Der Mindestlohn gilt generell nicht bei Pflichtpraktika etwa bei einer Ausbildung. Auch für Azubis gilt er nicht.

Als Beispiel wird in dem Regierungspapier ein syrischer Tischler genannt, der in Deutschland die Anerkennung seines Abschlusses beantragt. In einem Bescheid wird festgestellt, dass ihm neun Monate Berufspraxis fehlen. Ein Betrieb bietet an, dass er dort für neun Monate ein Praktikum absolvieren kann, damit er die Feststellung der Gleichwertigkeit erreichen kann.

Der Mindestlohn wurde Anfang 2017 von 8,50 auf 8,84 Euro die Stunde erhöht. Die Arbeitgeber hatten in der Vergangenheit für Flüchtlinge Sonderregeln beim Mindestlohn verlangt. Das Arbeitsministerium betonte, bei dem internen Diskussionspapier würden Hinweise zur Anwendbarkeit des Mindestlohns gegeben. "Das bestehende Mindestlohn-Recht bleibt davon vollkommen unberührt." Änderungen des Rechts seien nicht beabsichtigt.

Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) warnte vor neuen Ausnahmen beim Mindestlohn . Schon jetzt würden Unternehmen "Flüchtlinge , die sich mit ihren Rechten noch nicht auskennen, als billige Arbeitskräfte ausnutzen", sagte DGB-Vorstandsmitglied Stefan Körzell der "Süddeutschen Zeitung".

Der DGB Rheinland-Pfalz/Saarland warnte in dem Zusammenhang vor einem Schatten-Arbeitsmarkt mit billigen Arbeitskräften als Folge von Ausnahmen beim Mindestlohn für Flüchtlinge . "Das ist erstens Ausbeutung und schafft zweitens eine unnötige Konkurrenz der Beschäftigten im Niedriglohnsektor", kritisierte der Landesvorsitzende Dietmar Muscheid.

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