Saar-Firmen sehen Brexit mit Sorge

Saarbrücken · Ein Austritt Großbritanniens aus der EU würde auch saarländische Unternehmen treffen. Weniger sind es konkrete Geschäftsausfälle, die den Firmen Sorgen bereiten, sondern die weltweiten Risiken.

 Land-Rover-Produktion in England: Auch Saar-Firmen liefern dafür Teile zu. Foto: Jaguar Land Rover

Land-Rover-Produktion in England: Auch Saar-Firmen liefern dafür Teile zu. Foto: Jaguar Land Rover

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Die wirtschaftlichen Auswirkungen, die ein möglicher Austritt Großbritanniens aus der EU nach sich zieht, geben auch saarländischen Unternehmen Anlass zur Sorge. Es gebe in dieser Frage zahlreiche Unsicherheitsfaktoren, sagt Ute Engel, Sprecherin von Saarstahl und Dillinger Hütte . Vor allem mögliche Auswirkungen eines Brexit auf den Euro, die EU, aber auch die Weltwirtschaft. Obwohl die Versandmengen der beiden Hütten nach Großbritannien vergleichsweise gering seien, habe ein solcher Schritt mit seinen geopolitischen Folgen natürlich auch Auswirkungen auf die Stahlunternehmen im Saarland, sagt Engel.

Am 23. Juni stimmen die Briten über einen Austritt ihres Landes aus der EU ab. Jüngsten Umfragen zufolge liegen Befürworter und Gegner eines Austritts etwa gleichauf. Die deutschen Maschinenbauer hatten schon vor wenigen Tagen gewarnt, dass der Handel mit Großbritannien nach einem EU-Austritt deutlich leiden könnte.

Der deutsch-französische Elektrotechnik-Konzern Hager fürchtet bei einem Brexit vor allem die politischen Risiken, die mit diesem Schritt verbunden sind: Handelshemmnisse, die entstehen könnten, Währungsschwankungen , aber auch die Gefahr für den EU-Gedanken, der von einem solchen Schritt ausgeht. "Direkte ökonomische Auswirkungen sehen wir nicht", sagt Hager-Sprecher Harald Börsch. "Auf die direkten Tätigkeiten, die wir in England haben, würde ein Brexit wenig Einfluss haben." Hager produziert in England für den dortigen Markt.

Mögliche Währungsschwankungen stehen für den Keramikkonzern Villeroy & Boch bei der Bewertung im Vordergrund. V&B macht nach Aussage von Sprecherin Annette Engelke mit 40,3 Millionen Euro fünf Prozent des weltweiten Umsatzes auf dem englischen Markt. "Im Falle eines Austritts Großbritanniens aus der EU sind für uns die gesamtwirtschaftlichen Veränderungen noch nicht absehbar", sagt sie. Auch Anne Brück, Chefin des gleichnamigen Stahlbauers aus Ensheim, sieht Risiken für den Fall des britischen Pfund nach einem Austritt: "Da wir auf diesem Markt im internationalen Wettbewerb stehen, könnte sich daraus ein Wettbewerbsnachteil ergeben." Genaue Auswirkungen auf das Unternehmen ließen sich jedoch nicht vorhersagen.

England ist nach Auskunft der Industrie- und Handelskammer (IHK) der größte Exportmarkt des Saarlandes, noch vor Frankreich. Das liege vor allem an der Kfz-Branche, sagt IHK-Geschäftsführer Oliver Groll. Von den 2,72 Milliarden Euro Exportvolumen im vorigen Jahr - 18 Prozent der Saar-Exporte - sind 1,66 Milliarden Euro Autos und Wohnmobile. Autoteile steuern weitere 582 Millionen Euro bei. Letztlich seien es vor allem Ford und die Autozulieferer , die bei einem Brexit betroffen wären. Ford Europa äußert sich pragmatisch: "Wir glauben, dass Stabilität am ehesten dadurch erreicht würde, dass Großbritannien ein Mitglied der EU bleibt", lässt Sprecherin Ragah Dorenkamp mitteilen.

Der Autozulieferer ZF, der in Saarbrücken eines seiner größten Werke betreibt, prüft nach Aussage von Sprecherin Karin Markenstein zwar mögliche Folgen, hält aber eine seriöse Vorhersage nicht für möglich. ZF hat Lieferbeziehungen zu mehreren Autoherstellern in Großbritannien und beschäftigt im Land rund 3000 Mitarbeiter. Die Fertigung vor Ort wäre bei einem Brexit wohl weniger betroffen, sagt Markenstein, Importe nach Großbritannien könnten aber schon leiden. Auswirkungen erwartet auch Andreas Wintrich vom Autozulieferer KTP aus Bous. Das Unternehmen baut seit drei Jahren mit steigendem Erfolg sein Engagement auf der Insel aus, sagt der KTP-Chef. "Mögliche Hindernisse, ausgelöst durch einen Brexit, würde die durchaus positive Entwicklung wahrscheinlich negativ belasten."

Joachim Malter, Hauptgeschäftsführer der Vereinigung der Saarländischen Unternehmensverbände (VSU), geht davon aus, dass auch nach einem Brexit der Handel mit England sich wieder einpendelt. Jedoch müssten die Briten die Bedingungen dann neu mit der EU verhandeln.

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