„Eine Beschneidung der Freiheit“

Saarbrücken · Obergrenzen für den Bargeld-Verkehr sind nicht beliebt, wie eine Umfrage ergab. Auch Gerd Waschbusch, Banken-Professor an der Saar-Uni, hält davon nichts, ebenso wenig Grünen-Chef Hubert Ulrich.

 Professor Gerd Waschbusch, Inhaber des Lehrstuhls für Bankbetriebslehre an der Saar-Uni

Professor Gerd Waschbusch, Inhaber des Lehrstuhls für Bankbetriebslehre an der Saar-Uni

Foto: Uni

Im wirtschaftsnahen Wissenschaftsbetrieb löst die Diskussion um eine Obergrenze für Bargeld-Geschäfte oder gar die Abschaffung von Scheinen und Münzen Befremden aus. "Ich halte von irgendwelchen Obergrenzen gar nichts", sagt Professor Gerd Waschbusch, Inhaber des Lehrstuhls für Bankbetriebslehre an der Universität des Saarlandes .

Zum einen lasse sich schwer einschätzen, was eine sinnvolle Obergrenze sei, um möglicherweise Schwarzgeld-Geschäfte aufzudecken oder zu verhindern. Zum anderen würden Leute, die Geld aus illegalen Geschäften in den regulären Kreislauf schleusen wollen, "immer Wege finden, dies zu bewerkstelligen". Für Waschbusch ist die von oben verordnete Einschränkung des Bargeld-Verkehrs "eine Beschneidung der individuellen Freiheit". Die totale Abschaffung von Banknoten und Münzen ist ihm ein Graus. "Dann lässt sich jede unserer Einzahlungen nachverfolgen. Es ist unmöglich, diese digitale Spur zu verwischen", befürchtet er.

Dem Hochschullehrer ist auch klar, dass in Zeiten von Bank- und Kreditkarten oder Smartphones, die auch Bezahlfunktionen haben, immer weniger Einkäufe mit Bargeld getätigt werden. "Aber man soll es jedem Einzelnen überlassen, ob er das bargeldlose Bezahlen nutzt oder nicht. Das ist dann seine eigene Entscheidung", meint er. Dann müsse er auch das Risiko in Kauf nehmen, dass sein Konsumverhalten analysiert wird.

Waschbusch erinnert ferner daran, dass die Bargeld-Versorgung der Wirtschaft eine der wenigen hoheitlichen Handlungen sei, die der Deutschen Bundesbank noch geblieben sei. Würde diese wegfallen, seien dort Arbeitsplätze in Gefahr, und die frühere deutsche Zentralbank würde fast vollständig der Bedeutungslosigkeit anheimfallen. Dass die Geschäftsbanken einer Welt ohne Bargeld eine gewisse Sympathie entgegen bringen, "liegt in der Natur der Sache", sagt er. "Für diese ist der Umgang mit Münzen und Scheinen ein Kostenfaktor, den sie minimieren oder auf die Kunden abwälzen wollen." Mit einem einzigen Vorschlag dieser Diskussion kann sich der Saarbrücker Bankbetriebslehrer anfreunden: mit der Abschaffung des 500-Euro-Scheins. "Den braucht eigentlich kein Mensch."

Mit seiner Skepsis gegenüber der Bargeld-Obergrenzen ist Waschbusch nicht allein. Knapp sechs von zehn Bundesbürgern fänden es demnach nicht gut, wenn größere Beträge - "etwa ab 1000 Euro" - nur noch mit Karte bezahlt werden könnten, teilte der Bankenverband mit, der diese Umfrage in Auftrag gegeben hatte.

Auch Hubert Ulrich , Vorsitzender der Grünen-Fraktion im Saar-Landtag, sieht die Bargeld-Obergrenze kritisch. "Solche Maßnahmen sind nur der erste Schritt auf dem Weg, das Bargeld mehr und mehr aus dem Zahlungsverkehr zu verdrängen. Wir halten solche Regelungen aus Datenschutzgründen für höchst bedenklich. Damit werden grundlegende Bürgerrechte mit Füßen getreten", sagt er. Lediglich die Kontrolle durch die Banken und den Staat würde zunehmen, heißt es in einer Mitteilung.

Zum Thema:

Hintergrund Die Bundesregierung will zur besseren Terrorbekämpfung auf EU-Ebene für die Einführung einer Obergrenze für Bargeldzahlungen werben. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU ) werde das Thema beim Treffen der EU-Finanzminister morgen in Brüssel einbringen, hieß es aus Diplomatenkreisen. Die Finanzminister der 28 EU-Staaten besprechen bei der Sitzung unter anderem den jüngsten Plan der EU-Kommission zu Maßnahmen gegen Terrorfinanzierung. Darin sind einheitliche Obergrenzen für Bargeld-Geschäfte bislang nicht enthalten. Sollte keine europäische Lösung zustande kommen, sei auch lediglich eine nationale Regelung denkbar, hieß es. Nach Einschätzung von Experten würden durch Obergrenzen organisiertes Verbrechen oder Schwarzarbeit jedoch kaum eingedämmt. dpa

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