Mit dem Laser-Schwert durch fremde Welten

Saarbrücken · Die virtuelle Realität ist der letzte Schrei in der IT-Branche. Doch noch scheuen viele den Kauf der teuren Brillen. Für Thai Uecker und Nikita Karpalyuk aus Saarbrücken ist die Technik ohnehin nichts für die eigenen vier Wände. Sie bieten in ihrer VR-Arena in Saarbrücken Teamspiele in künstlichen Welten an.

 An der Seite des Roboters R2-D2 müssen sich Spieler bei „Trials on Tatooine“ in Landschaften der Star-Wars-Filmreihe gegen Angreifer verteidigen. Foto: ILMxLAB

An der Seite des Roboters R2-D2 müssen sich Spieler bei „Trials on Tatooine“ in Landschaften der Star-Wars-Filmreihe gegen Angreifer verteidigen. Foto: ILMxLAB

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Um in die virtuelle Realität abzutauchen, sind nur wenige Handgriffe nötig. Der Spieler greift zu zwei Controllern und schiebt eine klobige schwarze Brille über den Kopf. Die reale Welt verschwindet und man befindet sich Sekunden später zum Beispiel in einem Boxring. Die Controller wandeln sich zu Boxhandschuhen. Sie schweben noch etwas unwirklich im virtuellen Raum. Dort setzt es auch gleich die ersten Schläge des Gegners. Der Spieler kann zwischen echter und künstlicher Welt nicht mehr unterscheiden. Er weicht aus, pariert die Attacken. Für Zuschauer sieht das ulkig aus. Letztendlich fuchtelt und springt der Spieler nur im leeren Raum herum.

"Warum sollte ich so etwas zu Hause alleine erleben", fragt Thai Uecker. Er und Nikita Karpalyuk haben die Virtual-Reality-Arena in Saarbrücken eröffnet. Auf sechs Spielflächen können Spieler eine VR-Brille des Typs HTC Vive überstreifen und im Boxring Kinnhaken verteilen, im Team auf schwebenden Plattformen Roboter umballern oder mit einem Laserschwert kämpfen. Für 70 Minuten muss jeder Besucher 16 Euro zahlen. Das hat etwas vom Flair der alten Videospiel-Hallen oder Bowling mit Freunden.

"Natürlich war das beabsichtigt", sagt Uecker. "Die VR-Brillen eignen sich zu viel mehr als nur Filme in 3D zu schauen." Der Mensch suche doch immer die Gesellschaft anderer. Und warum sollten sich Freunde eben nicht unter der Woche treffen, um Zombiehorden abzuwehren?

Uecker und Karpalyuk sind zwar die ersten, aber nicht die einzigen in Deutschland, die virtuelle Welten wie einen Kinobesuch anbieten. In Düsseldorf hat kürzlich das Holodeck eröffnet, in Hamburg die HoloBar. Das VR-Cybercafé in Nürnberg wird runderneuert. Die brandneue Technik könnte dem angestaubten Konzept der Spielhallen zu einer neuen Blüte verhelfen.

Denn noch sind die Brillen teuer. Die HTC Vive kostet rund 900 Euro. Der Konkurrent Oculus Rift schlägt mit 700 Euro zu Buche. Wegen des extrem aufwendigen Grafikverfahrens, jedes Bild muss für das linke und rechte Auge unterschiedlich berechnet werden, benötigt die HTC-Vive Computer mit sehr leistungsfähigen Grafikkarten. Der Kostenpunkt liegt bei etwa 2000 Euro. Und die Anwendungen brauchen viel Platz. Sobald der Spieler den virtuellen Raum betritt, will er laufen, rennen, ausweichen. "Wenn der Anwender nur im Sitzen seine Bewegungen steuert, wird ihm schnell übel", erklärt Uecker. Der Gleichgewichtssinn spielt verrückt. Spieler müssen also auch in der Realität herumspringen. Damit sie nicht gegen eine Wand laufen, spannt die Software der HTC Vive ein virtuelles Gitter auf. Es entspricht einer realen Fläche von 25 Quadratmetern. Eine Warnung blinkt auf, wenn sich der Spieler dieser Grenze nährt. "Das sind alles Anforderungen die Studenten oder Schüler in der Regel nicht erfüllen können", sagt Uecker. Sie hätten nicht das nötige Kleingeld für einen teuren PC und wollten zum Zocken auch nicht das Zimmer ausräumen. Ein echter Renner ist die HTC Vive noch nicht. Weltweit verkauften sich bisher nur 140 000 Stück.

Doch Jugendliche und Mitzwanziger waren schon immer die Zielgruppe der Spiele-Hersteller. "Anstatt die neue Technik in die Wohnzimmer zu tragen, holen wir sie in die Spielhalle zurück", sagt Uecker. Die Zielgruppe scheint ihr Konzept anzunehmen. Die Saarbrücker VR-Arena sei für die nächsten Wochen gut gebucht.

An VR-Spielen mangelt es ohnehin nicht. "Jede Woche erscheinen auf der Plattform Steam bis zu vier neue Vorabversionen", sagt Nikita Karpalyuk. Die werden meist von kleineren Teams programmiert. Doch die zeigen, wozu die neue Technik in der Lage ist. Große Hersteller wie beispielsweise Electronic Arts oder Activision halten sich in der Spiele-Entwicklung für VR noch zurück. Ein echtes Zugpferd wie es der Klempner Mario für Nintendo oder Halo für die Xbox ist, gibt es für die VR-Brillen bis jetzt nicht.

Andere Unternehmen wittern dagegen jetzt schon in VR-Spielen das große Geschäft. Vorneweg mischt der Elektronik-Konzern Sony mit. Die Japaner sind später als die Konkurrenten HTC Vive und Oculus in die Entwicklung eigener Brillen eingestiegen. Doch Sony hat einen entscheidenden Vorteil: Die Playstation VR nutzt als Hardware die hauseigene Konsole Playstation 4. Die hat sich bisher 40 Millionen Mal weltweit verkauf. Eine gute Ausgangslage. Zu einem Kampf-Preis von 400 Euro warf der Konzern seine Brille auf den Markt. In kürzester Zeit waren die Geräte bei Amazon vergriffen.

Nikita Karpalyuk ist davon unbeeindruckt. "Die Konkurrenz der Playstation VR haben wir kaum gespürt." Die Virtual-Reality-Spiele für die Konsole schränkten den Spieler stark ein. Entweder sitze er im Auto oder fahre auf Schienen durch eine Geisterbahn. Das Flair einer Spielhalle könne die Konsole nicht ersetzen.

 Mit einer großen VR-Brille auf dem Kopf tauchen Spieler in künstliche Welten ein. Foto: Iris Maurer

Mit einer großen VR-Brille auf dem Kopf tauchen Spieler in künstliche Welten ein. Foto: Iris Maurer

Foto: Iris Maurer

Ohnehin sei die nächste Revolution schon im Gange. Uecker und Karpalyuk hoffen, dass bereits 2017 erste Laufbänder für VR-Brillen auf den Markt kommen. Die sollen endgültig den virtuellen Raum von den realen Grenzen lösen. Der Spieler läuft zwar auf der Stelle, kann aber virtuell mehrere Kilometer zurücklegen. "Reale Grenzen spielen dann keine Rolle mehr", erklärt Karpalyuk.

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