Auf den Spuren der Kanzlerin

Saarbrücken · Die sogenannten Mint-Fächer – Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik – sind in Deutschland immer noch eine Männer-Domäne. Besonders im Saarland entscheiden sich nur wenige Frauen für ein Studium in diesem Bereich. Die Saar-Uni möchte das ändern.

 Caroline Schultealbert beschäftigt sich für ihre Doktorarbeit mit Halbleitersensoren, die Gase aufspüren können. Foto: Iris Maurer

Caroline Schultealbert beschäftigt sich für ihre Doktorarbeit mit Halbleitersensoren, die Gase aufspüren können. Foto: Iris Maurer

Foto: Iris Maurer

An der Spitze des deutschen Staates steht eine promovierte Physikerin. Die Kombination Frau, Naturwissenschaft und Führungsposition, die Angela Merkel verkörpert, ist für das Land allerdings alles andere als repräsentativ.

Laut Angaben des Statistischen Bundesamtes entscheiden sich deutlich weniger Frauen als Männer für ein Studium im naturwissenschaftlich-technischen Bereich. Bei der Erhebung "Internationale Bildungsindikatoren im Ländervergleich 2016", die auf den Zahlen von 2014 beruht, schneidet das Saarland besonders schlecht ab.

Während in den Ingenieurwissenschaften der Frauenanteil im Bundesschnitt bei 21 Prozent liegt, sind es im Saarland gerade einmal 15. In Mathematik , Informatik , Bio- und Naturwissenschaften sind es bei einem Bundesschnitt von 36 Prozent im Saarland lediglich 31 Prozent. Beide Werte bedeuten im Ländervergleich den letzten Platz.

Damit das nicht so bleibt, gibt es an der Saar-Uni die Koordinationsstelle Gender Equality Mint. Ihr Ziel ist es, mehr junge Frauen für das Studium naturwissenschaftlicher und technischer Fächer zu begeistern. Dafür gibt es Programme wie das Uni-Camp für Schülerinnen und Mento-Mint, das Schülerinnen mit Studentinnen der Mint-Fächer zusammenführt.

Die Hochschule macht es sich zur Aufgabe, Frauen in Studiengängen gezielt zu fördern, in denen ihr Anteil weniger als 50 Prozent beträgt. Sie folgt damit den Vorgaben des Landesgleichstellungsgesetzes, Benachteiligung aufgrund des Geschlechtes zu ahnden und durch gezielte Förderung auszugleichen.

Worin die greifbaren Nachteile der geringen Quote für die Frauen liegen, zeigt wiederum ein Blick in die Statistik: Nach einer Erhebung des Berufe-Portals Stepstone bekommen Absolventen der Natur- und Ingenieurwissenschaften ein Einstiegsgehalt von über 45 000 Euro pro Jahr. Geistes- und Erziehungswissenschaftler, Studiengänge , die überwiegend von Frauen belegt werden, erhalten 15 000 Euro weniger.

Doch worin besteht die Benachteiligung, wenn die lukrativeren Studiengänge dem weiblichen Nachwuchs doch weit offenstehen? Für Sybille Jung, die Gleichstellungsbeauftragte der Saar-Uni, beginnt das Problem viel früher. Formal seien die Schranken für Frauen in technischen Studiengängen zwar abgeschafft, aber gesellschaftlich gebe es immer noch viele Hürden. Mädchen bekämen oft schon von klein auf vermittelt, es sei "unweiblich", sich für technische Fragen zu interessieren. Viele junge Frauen verzichteten darum auf ein Studium in den Mint-Fächern, obwohl es durchaus ihren Neigungen entsprechen würde, glaubt Jung.

Diejenigen, die es dennoch getan haben, beendeten auch in großer Zahl ihr Studium. Viele schrieben sogar noch eine Doktorarbeit. Doch auf den Professorenstellen kämen sie ebenso selten an wie in den Vorstandsetagen. Die berühmte gläserne Decke und familiäre Erwägungen hielten sie oft vom Aufstieg ganz nach oben ab, so Sybille Jung. Gender-Forscher sprechen vom "Leaky Pipeline"-Phänomen: Wie bei einer undichten Röhre gehen viele auf dem Weg zum Ziel verloren - trotz hervorragender Qualifikation.

Mitten auf diesem Weg befindet sich Caroline Schultealbert. Sie ist Doktorandin im Fach Systems Engineering. Die 25-Jährige hat in Fürth ihr Abitur gemacht und ist dann aus privaten Gründen ins Saarland gezogen. "Für mich war es schon in der Schule klar, dass ich etwas mit Technik machen wollte", sagt sie.

Auch bei Schultealbert spielte die Prägung in der Kindheit ein Rolle - nur wies die bei ihr in Richtung Technik: Ihr eigener Vater, der in der Fliegerei arbeitet, hat sie schon als junges Mädchen mit auf den Flughafen genommen und ihr die Maschinen und Motoren dort erklärt. Seitdem habe sie immer wissen wollen, wie die Dinge funktionieren.

Was es aus Sicht der Doktorandin braucht, damit sich die Lücke zwischen männlichen und weiblichen Absolventen in den Mint-Fächern schließt, sind vor allem Vorbilder: "Wenn Frauen sehen, dass andere diesen Weg gehen, kommen auch mehr nach", ist Schultealbert überzeugt. Angela Merkel könnte also den Weg für viele künftige Physik-Professorinnen und weibliche Dax-Vorstände geebnet haben.

Zum Thema:

Auf einen Blick Beim Mentoring-Programm Mento-Mint der Universität des Saarlandes können Schülerinnen mit Hilfe von Studentinnen aus den naturwissenschaftlich-technischen Studiengängen einen Einblick in einzelne Fächer aus dem Mint-Bereich erhalten. Zielgruppe sind Schülerinnen der saarländischen Gymnasien aus den Klassenstufen neun bis elf, die Interesse an Naturwissenschaften und Technik sowie an einem Studium an der Saar-Uni haben. Dabei soll Wissen persönlich weitergegeben und Kontakte geknüpft werden. Weitere Informationen gibt es im Internet unter gender-mint.uni-saarland.de. red

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