Milliarden-Abzocke beim Strom Energieagentur Dena fordert Umdenken bei Energiewende

Berlin. Konventionelle Kraftwerke werden nach Ansicht der Deutschen Energie-Agentur (Dena) noch weit länger eine tragende Rolle spielen, als bisher angenommen. "2050 werden effiziente Gas- und Kohlekraftwerke voraussichtlich rund 60 Prozent der gesicherten Leistung stellen müssen", schreibt die Agentur in einer aktuellen Studie

Berlin. Konventionelle Kraftwerke werden nach Ansicht der Deutschen Energie-Agentur (Dena) noch weit länger eine tragende Rolle spielen, als bisher angenommen. "2050 werden effiziente Gas- und Kohlekraftwerke voraussichtlich rund 60 Prozent der gesicherten Leistung stellen müssen", schreibt die Agentur in einer aktuellen Studie. Gesicherte Leistung muss zu jeder Zeit sicher zur Deckung der Nachfrage verfügbar sein.Der Ausbau der Erneuerbaren Energien muss nach Ansicht der Dena in Zukunft stärker gesteuert werden. Bei einem weiter ungesteuerten Ausbau könne ein Großteil ihrer Erzeugung nicht mehr genutzt werden. Die Dena geht schon jetzt davon aus, dass es ab 2020 zunehmend zu Situationen kommen wird, in denen die Stromerzeugung die Nachfrage übersteigt. Insofern werde es ebenso zu Speicher-Entwicklungen kommen müssen wie zu einer Anpassung des Verbrauchsverhaltens.

Weil für eine gesicherte Stromversorgung dringend der Neubau fossiler Kraftwerke geboten ist, fordert die Dena ein neues Vergütungsmodell. Denn weil sich moderne Kraftwerke angesichts nur noch kürzerer Einsatzzeiten nicht mehr rentabel betreiben lassen, müsste es eine Vergütung für das Bereithalten der Kraftwerke geben. Ein solcher europäischer "Kapazitätsmarkt" sei dringend nötig, sagt Dena-Geschäftsführer Stephan Kohler, "damit sich das Bereithalten gesicherter Kraftwerksleistung lohnt." jwo

Berlin. Die Energiekonzerne langen bei privaten Kunden anscheinend kräftig hin: Die Versorger kassieren in diesem Jahr beim Strompreis bis zu drei Milliarden Euro zu viel von den Verbrauchern. Das ist das Ergebnis einer neuen Studie der Grünen-Bundestagsfraktion, die unserer Zeitung vorliegt. In der Vergangenheit hatten die Grünen den Konzernen schon mehrfach Abzocke vorgeworfen.

Laut Analyse sind die Preise im Stromeinkauf im vergangenen Jahr um zehn bis 20 Prozent je nach Marktsegment gefallen. "Aktuell müsste der Strompreis zwei Cent die Kilowattstunde niedriger liegen, wenn die Versorger die gesunkenen Einkaufspreise der Vergangenheit entsprechend weitergereicht hätten", heißt es in der Expertise des Leverkusener Energieexperten Gunnar Harms. "Die Stromrechnung der privaten Haushalte ist damit in diesem Jahr immer noch um circa drei Milliarden Euro zu hoch." Zugrunde gelegt für seine Berechnung hat Harms den gesamten privaten Jahresverbrauch in Deutschland von rund 140 Milliarden Kilowattstunden. "Da berufe ich mich auf die Bundesnetzagentur", so Harms zu unserer Zeitung.

Die Studie kommt auch zu dem Ergebnis, dass sich die Kostenschere zwischen Privaten und Gewerblichen immer weiter öffnet. So seien die Preise für Industrie- und Gewerbekunden um drei Prozent gesunken, "während private Endkunden seit 2008 rund 20 Prozent mehr für den Strom bezahlen müssen". Harms Fazit: "Die privaten Kunden werden seitens der Stromanbieter ausgenutzt, um höhere Gewinne zu realisieren." Gleichzeitig würden auch die Kosten der Energiewende durch den Gesetzgeber hauptsächlich beim Verbraucher abgeladen. "Damit geraten die Privathaushalte von zwei Seiten unter Druck, wie die stetig steigenden Preise in den letzten fünf Jahren zeigen."

Zugleich widerspricht die Studie dem Argument der Versorger, sie müssten die Kosten für die gestiegene Ökostrom-Förderung einpreisen. Die sogenannte "EEG-Umlage", die alle Kunden für den Ausbau der Erneuerbaren Energien über den Strompreis bezahlen, ist laut Gutachten für weniger als die Hälfte der Erhöhungen seit 2007 verantwortlich. Und wären die gesunkenen Einkaufspreise korrekt an den Kunden weitergereicht worden, hätte der durch die Förderung verursachte Anstieg sogar "vermieden werden können".

Die stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Grünen, Bärbel Höhn, machte gestern Stromanbieter und Bundesregierung für den "unaufhaltsamen Anstieg der Stromrechnungen" verantwortlich. "Energiekonzerne und Schwarz-Gelb arbeiten anscheinend unter einer Decke." Die Versorger erhöhten ihre Gewinne und die Bundesregierung lade die Kosten der Energiewende bei den Verbrauchern ab, indem sie die Unternehmen breit entlaste. Oliver Krischer, Energieexperte der grünen Bundestagsfraktion, forderte die Kunden daher zum Preisvergleich und Stromanbieterwechsel auf.

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