Eine Pleite und das Ende des Fußballs

20. Juni 1976.

Wir befinden uns in Belgrad, im Stadion Roter Stern. Endspiel um die Fußball-Europameisterschaft zwischen der CSSR und Deutschland. Nach 90 Minuten steht es 2:2. Elfmeterschießen. Alle treffen. Uli Hoeneß läuft an, jagt den Ball übers Tor, in den Nachthimmel bis in die blaue Donau hinein. Die Tschechen sind Europameister. Neben uns springt Bundestrainer Helmut Schön auf. Reißt sich die Mütze vom Kopf und schimpft über Hoeneß: "Bei so einer Leistung überlege ich, ob man den Fußball nicht besser abschaffen sollte." Gottseidank haben wir den Wutausbruch von Schön nur geträumt (alles andere stimmte). Gottseidank hat Schön den Fußball in Deutschland nicht abgeschafft. Doch warum träumten wir so einen Unfug? Weil der SV Röchling Völklingen II am Sonntag 3:1 bei der DJK Burbach gewonnen hat. Weil Burbach nach einer 1:0-Führung verlor. Weil drei Burbacher Spieler vom Platz gestellt wurden. Weil Burbachs Trainer Mehdi Sodagar deshalb schimpfte: "Bei so einer Schiedsrichterleistung überlegt man, ob man überhaupt noch weiterspielen soll." Mein Gott, Mehdi! Wir verstehen ja, dass keiner gerne verliert. Aber Burbach ist Neunter in der Kreisliga, kann bestenfalls Achter werden. So tragisch ist das 1:3 gegen einen Aufstiegsaspiranten nicht. Selbst wenn der Schiri einen schlechten Tag gehabt haben sollte: Auch Spieler bauen oft Mist, ohne dass man gleich das Ende des Fußballs herbeiruft! Außerdem sind wir uns sicher: Die drei vom Platz gestellten Spieler haben die Karten bestimmt nicht bekommen, weil sie Gänseblümchen pflückten!

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