Kommunismus-Debatte kommt für die Linke zur Unzeit

Berlin/Saarbrücken. Wie sehr manchem Politiker der Linken der Kommunismus am Herzen liegt, bewies die saarländische Bundestagsabgeordnete Yvonne Ploetz erst kürzlich - pünktlich zum Weihnachtsfest. Einem netten Schreiben an Journalisten im ganzen Land war eine CD beigefügt

Berlin/Saarbrücken. Wie sehr manchem Politiker der Linken der Kommunismus am Herzen liegt, bewies die saarländische Bundestagsabgeordnete Yvonne Ploetz erst kürzlich - pünktlich zum Weihnachtsfest. Einem netten Schreiben an Journalisten im ganzen Land war eine CD beigefügt. "Das Kommunistische Manifest" von Karl Marx und Friedrich Engels, gelesen von Rolf Becker im Sommer 2008 in der Orangerie Blieskastel. "Einige politisch-unterhaltsame Minuten" wünschte Ploetz, die nicht ahnen konnte, dass ihre Partei nur wenigen Wochen später von einer Kommunismus-Debatte heimgesucht wird.Bislang hatte bei den Linken eher Klaus Ernst für Schlagzeilen gesorgt: Nachdem die Partei im Mai ihr neues Führungsduo gewählt hatte, musste sich der frühere Gewerkschaftler aus Bayern unter anderem mit Vorwürfen auseinandersetzen, ein "Luxus-Linker" zu sein. Die aus dem Osten stammende Gesine Lötzsch dagegen galt manchen als zu zaghaft. Mit ihrem Text in der marxistischen Zeitung "Junge Welt" unter dem Titel "Wege zum Kommunismus" hat sich dies nun schlagartig geändert. "Die Wege zum Kommunismus können wir nur finden, wenn wir uns auf den Weg machen und sie ausprobieren, ob in der Opposition oder in der Regierung, schreibt Lötzsch. "Egal, welcher Pfad zum Kommunismus führt, alle sind sich einig, dass es ein sehr langer und steiniger sein wird." Am Ende ihrer langen Ausführungen kommt Lötzsch dann aber zu dem Ergebnis, "dass dem demokratischen Sozialismus die Zukunft gehört". Gedruckt wurde der Text zu einer Konferenz am Samstag in Berlin, zu der neben Lötzsch auch die Chefin der Deutschen Kommunistischen Partei und eine frühere RAF-Terroristin kommen.

Eine Welle der Empörung brach daraufhin über Lötzsch herein. Dass politische Gegner wie die Union nun auf die Linke einschlagen und der gesamten Partei eine verfassungsfeindliche Gesinnung unterstellen, ist nicht überraschend. Doch auch Linke selbst sind irritiert. Für sie kommt die Debatte zur Unzeit: Es stehen sieben Landtagswahlen an. In Sachsen-Anhalt rechnet sich die Partei Chancen aus, den Ministerpräsidenten zu stellen. In Berlin soll die Koalition mit der SPD fortgeführt werden, in Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg will die Linke in die Landtage einziehen.

Intern streitet die Partei derzeit heftig über ihr künftiges Programm, das im Herbst verabschiedet werden soll. Vom Kommunismus hat sich die Linke offiziell lange verabschiedet. Extreme Gruppen wie die Kommunistische Plattform gelten als nicht mehrheitsfähig. Linke-Politiker, die in Brandenburg und Berlin mit der SPD in Regierungsverantwortung sind, betonen, dass es nur eine demokratische Linke geben könne.

Lötzsch selbst hatte bereits am Mittwoch klargestellt: "Die Linke ist linkssozialistisch, wir sind und werden keine kommunistische Partei." Der sächsische Landeschef Rico Gebhardt wettert dennoch: "Wenn man über Kommunismus schreibt, auch als Idee, sich aber nicht dazu äußert, was Kommunismus auch angerichtet hat, dann ist es nicht besonders hilfreich in Zeiten des Wahlkampfes." Während er eine Klarstellung verlangt, glauben andere, dass Lötzsch ihren Text nur unglücklich formuliert hat.

Stefan Liebich etwa, der zum reformorientierten Flügel gehört. "Ja, ich war auch überrascht von ihrem Redemanuskript", räumte er ein. Er kenne Lötzsch aber lange und wisse, dass sie bei Debatten zum Thema Vergangenheit es an "der notwendigen Klarheit" nicht fehlen lasse.

Für nächsten Montag lädt die Linke zum politischen Jahresauftakt nach Berlin ein. Lötzsch hat dann Gelegenheit, ihre Position nochmal zu verdeutlichen. Selbst wenn ihre Wortwahl nur eine Ungeschicklichkeit gewesen sein sollte: Es ist eine, die länger nachwirken dürfte.

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