Schwere Vorwürfe gegen früheren DechantenTrierer Bischof stellt Priester kalt

Köllerbach. Im Februar 2010 wurde der Trierer Bischof Stephan Ackermann zum Beauftragten der katholischen Kirche für sexuellen Missbrauch ernannt. Kurz darauf erhielt der damalige Pfarrer der Köllerbacher Herz-Jesu-Gemeinde, Guido Johannes Ittmann, einen Anruf vom Bistum, in dem ihm mitgeteilt wurde, dass es auch im Bereich seiner Gemeinde Hinweise auf Missbrauch gebe

 Die Martinskirche in Köllerbach: Hier spielt sich eine Auseinandersetzung um Missbrauchstaten ab. Pfarrer Johannes Ittmann soll unter Druck geraten sein, weil er sie anzeigte. Foto: Hartmann Jenal

Die Martinskirche in Köllerbach: Hier spielt sich eine Auseinandersetzung um Missbrauchstaten ab. Pfarrer Johannes Ittmann soll unter Druck geraten sein, weil er sie anzeigte. Foto: Hartmann Jenal

Köllerbach. Im Februar 2010 wurde der Trierer Bischof Stephan Ackermann zum Beauftragten der katholischen Kirche für sexuellen Missbrauch ernannt. Kurz darauf erhielt der damalige Pfarrer der Köllerbacher Herz-Jesu-Gemeinde, Guido Johannes Ittmann, einen Anruf vom Bistum, in dem ihm mitgeteilt wurde, dass es auch im Bereich seiner Gemeinde Hinweise auf Missbrauch gebe. Man wolle die Sache aber "aus dem Bistum heraushalten".Ittmann und Pater Gorges von der traditionalistisch-katholischen Martinsgemeinde, die zu Ittmanns Gemeinde gehört, erhielten damals auch selbst Hinweise darauf, dass sich ein früherer Priester der Martinsgemeinde Ende der 90er Jahre an einem Mädchen vergangen haben soll. Derartige Vorwürfe gab es auch gegen einen Laien der Traditionalisten-Gemeinde. Ittmann erstattete deshalb im Mai 2010 Anzeige. Das Opfer bestätigte die Vorwürfe sowie Übergriffe eines weiteren Geistlichen auf ihren Bruder. Jedoch stellte die Staatsanwaltschaft das Verfahren wegen Verjährung ein.

In einer "Fallbeschreibung" von Ittmann für die Kripo, die der SZ vorliegt, schreibt dieser, der damals zuständige Völklinger Dechant Klaus Leist habe die Vorwürfe als bloße "Gerüchte" abgetan, wodurch in beiden Gemeinden rasch der Unmut gegen ihn und Gorges gewachsen sei. Leist, der jetzt als Pfarrer in St. Wendel tätig ist, habe Gorges als psychisch krank hingestellt. Dieser wurde im Juli dienstentpflichtet und durch einen anderen Pastor ersetzt. Er ist seither ohne Anstellung.

Als sich im Sommer in der Herz-Jesu-Gemeinde ein Konflikt um die mögliche Schließung einer Filialkirche zuspitzte, nahm der Druck auf Ittmann zu (wir berichteten). Einige Gläubige machten mit Unterschriftensammlungen und Schreiben an das Bistum Front gegen entsprechende Sparbeschlüsse des Verwaltungsrats. Sie gaben an, von Leist darin bestärkt worden zu sein, wie aus einem Schreiben des Verwaltungs- und des Pfarrgemeinderats an Ackermann hervorgeht.

Ittmann erhielt ab November 2010 nach eigenen Angaben "Briefe mit beleidigendem Inhalt und eindeutigem Bezug zu den Missbrauchsfällen in der Martinsgemeinde". Es folgten anonyme Drohbriefe. Irgendwann fand der Pfarrer vor der Wohnungstür einen Müllsack mit Tierkadavern. Als der Sprecher des Pfarrgemeinderats, Alois Himbert, einmal nach dem Gottesdienst ins Weihwasserbecken griff, hielt er eine tote Fledermaus in der Hand.

Es dauerte nicht lange, da gingen in der Gemeinde Gerüchte um, Ittmann habe sich bei seiner früheren Tätigkeit in der Jugendseelsorge in Berlin etwas zu Schulden kommen lassen. Gerüchte, die das Bistum erst über ein halbes Jahr später auf Anfrage von Mitgliedern der Laiengremien zurückweisen sollte. Ittmann wirft Leist vor, diese Behauptung selbst gestreut zu haben. In der Nacht auf Ostersonntag 2011 verließ Ittmann nach weiteren Drohbriefen fluchtartig die Gemeinde und begab sich in ärztliche Behandlung. Das Bistum berief Hans Maria Thul zum Pfarrverwalter. Ende 2011 verzichtete Ittmann auf die Leitung der Gemeinde. Mittlerweile ist er in Nordrhein-Westfalen tätig.

Leist wies die Vorwürfe gegen seine Person auf SZ-Anfrage allesamt zurück. Er habe mitnichten negative Gerüchte über Ittmann und Gorges gestreut. Er habe auch keineswegs Laien dazu ermuntert, gegen Sparmaßnahmen der Pfarreigremien Front zu machen. Es sei ferner keinesfalls wahr, dass er Missbrauchsvorwürfe als bloße "Gerüchte" abgetan habe.Trier. Seit Donnerstag darf ein 76-jähriger Ruhestandsgeistlicher aus dem Saarland keine Gottesdienste mehr feiern und nicht mehr in der Kinder- und Jugendarbeit eingesetzt werden. Das hat Bischof Stephan Ackermann angeordnet und zugleich eine kirchenrechtliche Voruntersuchung wegen Missbrauchsverdachts gegen den Priester eingeleitet, wie die Zeitung "Trierischer Volksfreund" gestern berichtete. Der Saarländer soll sich nach Informationen der Zeitung vor mehr als 40 Jahren bei einer Jugendfreizeit an Jungen vergangen haben.

Die Verantwortlichen im Trierer Generalvikariat sollen erst diese Woche über entsprechende Gerüchte informiert worden sein, ist zu hören. "Die Vorwürfe waren uns allen schon lange bekannt, das war ein offenes Geheimnis", verlautete demnach aber aus Kirchenkreisen.

Der Ruhestandsgeistliche bestreitet die Vorwürfe, die angeblich sogar in den Personalakten des Mannes vermerkt sein sollen. Am Freitag wurde die Trierer Staatsanwaltschaft durch das Bistum informiert. "Nach einer ersten Einschätzung sind die Vorwürfe, die sich 1970 zugetragen haben sollen, verjährt", sagte der Leitende Oberstaatsanwalt Jürgen Brauer der Zeitung. Nähere Angaben zu dem Fall wollte Brauer ebenso wenig machen wie der Sprecher des Bistums Trier, Stephan Kronenburg.

Es ist für diese Woche der zweite Missbrauchsfall aus dem Bistum Trier, der für Schlagzeilen sorgt. Erst am Mittwoch hatte die Zeitung über einen katholischen Priester berichtet, der wegen mehrfachen sexuellen Missbrauchs Mitte der 90er Jahre zu einer zweijährigen Bewährungsstrafe verurteilt worden war. Inzwischen ist der Geistliche wieder als Aushilfspriester in einer saarländischen Pfarrei eingesetzt. Gruppierungen wie die Katholische Studierende Jugend hatten dies scharf kritisiert. sey

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort