SPD-Chefin: Sondierungsgespräche mit der CDU in NRW "völlig offen"

Düsseldorf. Vor dem ersten Sondierungsgespräch zwischen CDU und SPD in Nordrhein-Westfalen (NRW) hat SPD-Landeschefin Hannelore Kraft (Foto: dpa) jegliche Festlegung vermieden. Es sei "völlig offen", ob sich die beiden Parteien auf die Bildung einer gemeinsamen Regierung verständigen würden, sagte Kraft der "Bild am Sonntag"

Düsseldorf. Vor dem ersten Sondierungsgespräch zwischen CDU und SPD in Nordrhein-Westfalen (NRW) hat SPD-Landeschefin Hannelore Kraft (Foto: dpa) jegliche Festlegung vermieden. Es sei "völlig offen", ob sich die beiden Parteien auf die Bildung einer gemeinsamen Regierung verständigen würden, sagte Kraft der "Bild am Sonntag". Das Gespräch soll vermutlich am Donnerstag stattfinden. Entscheidend werde sein, "ob die CDU bereit ist, eine weitgehend andere Politik als bisher zu machen", sagte Kraft weiter. Wenn die Union nicht begreife und anerkenne, dass ihre Politik der vergangenen fünf Jahre abgewählt worden sei, werde es schwierig. Die SPD-Landeschefin forderte vor allem eine andere Bildungspolitik: "Wir wollen die Studiengebühren abschaffen und durchsetzen, dass die Kinder künftig länger gemeinsam unterrichtet werden." Kraft bekräftigte ihren Anspruch, Regierungschefin in Düsseldorf werden zu wollen. Daran habe sich nichts geändert.

Sie schloss auch Neuwahlen nicht aus. Daran denke sie jetzt aber nicht. Das hänge davon ab, "mit welcher Ernsthaftigkeit die CDU die Gespräche führt." Die Bildung einer Minderheitsregierung mit ihr als Ministerpräsidentin lehnte sie ab: "Dieses Land so auf Dauer zu regieren, ist ausgeschlossen." Der SPD-Bundesvorsitzende Sigmar Gabriel brachte erneut eine Ampelkoalition mit FDP und Grünen ins Gespräch, die die Liberalen allerdings ablehnen. Er hoffe, dass die FDP noch mal zur Besinnung komme, sagte Gabriel im Deutschlandfunk.

Der nordrhein-westfälische Ministerpräsident und CDU-Landeschef Jürgen Rüttgers sagte mit Blick auf die Gespräche mit der SPD der "Rheinischen Post", er werde "alles dafür tun", damit diese erfolgreich verliefen. Er gehe davon aus, dass die Gespräche "auf gleicher Augenhöhe stattfinden". Es sei klug von der nordrhein-westfälischen SPD-Chefin Kraft zu sagen, dass es keine Vorbedingungen geben solle.

Nach den gescheiterten Sondierungen zu Rot-Rot-Grün in NRW sagte die stellvertretende NRW-Landeschefin der Linkspartei, Bärbel Beuermann, über die Gespräche: "SPD und Grüne wollten uns an den Pranger stellen und nicht über Inhalte diskutieren." Sozialdemokraten und Grüne hatten vor allem eine mangelhafte Aufarbeitung der DDR-Vergangenheit der Linke-Vorgänger kritisiert.

Grünen-Chefin Claudia Roth wehrt sich gegen Vorwürfe der Linkspartei. Die Grünen hätten keine Scheingespräche geführt, sondern knapp fünf Stunden "engagiert und sachlich" diskutiert. Die Gespräche seien nicht nur am Verhältnis der Linken zur DDR gescheitert, sagte Roth weiter. "Die Linken hatten vor allem keine Idee, wie sie die Kommunen entlasten wollen, woher das Geld für ein besseres Bildungssystem kommen soll oder wie eine andere Energiepolitik aussehen kann. Das war Fundamentalopposition", sagte Roth den Zeitungen der Essener WAZ-Gruppe. afp/dpa

Meinung

Politik ist nicht die Bundesliga

Von SZ-Korrespondent

Werner Kolhoff

Bei Punktgleichheit entscheidet das Torverhältnis. Dieses Prinzip kennt jeder, und darauf setzt in Nordrhein-Westfalen die CDU, wenn sie zu Beginn der Verhandlungen über die mögliche Bildung einer großen Koalition darauf verweist, dass sie genau 5882 Stimmen mehr erhielt als die SPD. Mithin müsse sie den Ministerpräsidenten stellen.

Doch die Politik ist nicht die Bundesliga. Ein Ministerpräsident wird nicht nach einer Tabelle bestimmt, sondern von Abgeordneten gewählt. CDU und SPD haben im Düsseldorfer Parlament beide 67 Sitze. Gleichstand ist Gleichstand. Weder kann die Union aus ihrem Vorsprung bei den Nettostimmen einen automatischen Anspruch auf das Regierungsamt ableiten, noch die SPD ihn aus der Tatsache, dass Amtsinhaber Jürgen Rüttgers bei der Wahl so abgestraft wurde. Entweder es gibt eine israelische Lösung, also Halbe-Halbe, oder eine Ampel-Koalition oder Neuwahlen.

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