Eine Wahl ohne Wähler?

Magdeburg. Ein Gespenst geht um in Sachsen-Anhalt: Viele Straßen und Dörfer sind mit NPD-Plakaten regelrecht zugepflastert. Durch eine Propaganda-Offensive will die rechtsextreme Splitterpartei das schaffen, was ihr im Osten bereits in Sachsen und Mecklenburg-Vorpommern gelang: den Einzug in den Landtag

 Die Spitzenkandidaten der Landtagswahl in Sachsen-Anhalt: Wulf Gallert (Die Linke, links), Reiner Haseloff (CDU, Mitte) und Jens Bullerjahn (SPD) in der MDR-Sendung "Fakt ist . . .". Foto: dpa

Die Spitzenkandidaten der Landtagswahl in Sachsen-Anhalt: Wulf Gallert (Die Linke, links), Reiner Haseloff (CDU, Mitte) und Jens Bullerjahn (SPD) in der MDR-Sendung "Fakt ist . . .". Foto: dpa

Magdeburg. Ein Gespenst geht um in Sachsen-Anhalt: Viele Straßen und Dörfer sind mit NPD-Plakaten regelrecht zugepflastert. Durch eine Propaganda-Offensive will die rechtsextreme Splitterpartei das schaffen, was ihr im Osten bereits in Sachsen und Mecklenburg-Vorpommern gelang: den Einzug in den Landtag. Selbst die Kanzlerin zeigt sich alarmiert: Je mehr Menschen, die nichts von der NPD hielten, am kommenden Sonntag zur Wahl gingen, umso geringer seien die Chancen der NPD, mahnte Angela Merkel in einem Interview.

Schwieriges Pflaster

Zweifellos ist Sachsen-Anhalt ein schwieriges politisches Pflaster. Für alle etablierten Parteien. Beim letzten Urnengang vor fünf Jahren machten lediglich 44,4 Prozent der Menschen von ihrem Stimmrecht Gebrauch. Experten fürchten, dass dieser Negativrekord jetzt nochmals unterboten werden könnte. In diesem Fall hätte die NPD tatsächlich gute Aussichten, die Fünf-Prozent-Hürde zu knacken. Aber nicht nur deshalb verspricht der Wahlsonntag spannend zu werden. Nachdem es über Monate so aussah, als gäbe es zur Neuauflage der CDU/SPD-Koalition keine realistische Alternative, könnte sich die Waage jetzt auch in Richtung Rot-Rot neigen.

SPD-Spitzenkandidat Jens Bullerjahn hatte diese Konstellation immer nur für den Fall ausgeschlossen, dass die Linken vor seiner Partei durchs Ziel gehen und damit den Ministerpräsidenten stellen können. In den Umfragen wurden die Sozialdemokraten zwischenzeitlich um fast zehn Prozentpunkte schwächer taxiert als die dunkelroten Genossen. Nach einer Erhebung aus der Vorwoche liegen beide Parteien aber nun mit jeweils 24 Prozent gleichauf. Und die aktuellen Umstände sprechen eher für einen weiteren Sympathieverlust der Linken. Zur Anti-Atom-Partei fehlt ihnen das Profil. Auch könnten sich die reinen Protestwähler, von denen die Linke immer profitierte, stärker der NPD zuwenden. Und dann ist da noch die leidige Kommunismus-Debatte, die zwar schon etwas zurückliegt, aber eher gut situierten Linksparteiwählern noch in schlechter Erinnerung sein dürfte. Kein Wunder, dass auch Merkel vor Rot-Rot in Magdeburg warnt. Zumal Sachsen-Anhalt damit schon zweifelhafte Erfahrungen gemacht hat. Zwischen 1994 und 2002 stand dem Land eine SPD-geführte Minderheitsregierung unter Duldung der PDS vor. Dabei kam es zu einer regelrechten Vergiftung des politischen Klimas. Altgediente Sozial- und Christdemokraten stöhnen bis heute über die offenen Anfeindungen, mit denen sich ihre Spitzenleute damals wechselseitig überzogen. Obendrein war das Land seinerzeit Schlusslicht in der bundesweiten Wirtschaftsentwicklung.

Natürlich haben die Christdemokraten diese Umstände als Walkampfmunition gegen Rot-Rot genutzt. Trotzdem ist die Lage für sie wenig komfortabel. Und das nicht nur, weil sich mit Wolfgang Böhmer ein populärer CDU-Landesvater zur Ruhe setzt und von einem farblosen Nachfolger, Wirtschaftsminister Reiner Haseloff, abgelöst werden soll.

CDU stärkste Kraft

Zwar wird die CDU auch nach dem Wahlsonntag stärkste Kraft bleiben. Zuletzt kam sie auf 32 Prozent in der Wählergunst. Aber Haseloff fehlt der Koalitionspartner, um einer Allianz von SPD und Linken machtpolitisch Paroli zu bieten. Die FDP muss um den Einzug in den Landtag zittern. Und selbst wenn die Liberalen auf über fünf Prozent kämen, würde es für Schwarz-Gelb nicht reichen. Dagegen kann Bullerjahn im Bedarfsfall auch ein Dreier-Bündnis in Betracht ziehen. Denn die Grünen sind nach 13-jähriger (!) Abstinenz wieder drauf und dran, in den Magdeburger Landtag einzuziehen.

Bundespolitisch betrachtet steht der Wahlsonntag für die Opposition also unter einem guten Stern. Besonders für die SPD. Käme nach ihrem fulminanten Sieg in Hamburg gleich ein weiterer Triumph hinzu, dann wäre der Rückenwind für die nächsten beiden Voten in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz am 27. März umso stärker.

Angela Merkel und ihrer CDU drohen dagegen schwere Zeiten. Denn im Bundesrat würden sich die Gewichte weiter zuungunsten von Schwarz-Gelb verschieben.

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