Wie gelingt das perfekte Verbrechen?

90 000 Bücher erscheinen jedes Jahr in Deutschland. Wer behält da den Überblick? Zu Beginn jeder Literatur-Saison bitten wir einen saarländischen Buchhändler um Lese-Empfehlungen. Diesmal die Lebacher Buchhandlung Queißer. „Wir machen es spannend“, sagt Inhaber Manfred Queißer. Er hat mit seinem Team für uns die spannendsten Thriller und Kriminalromane der Saison herausgesucht.

 Das Team der Lebacher Buchhandlung Queißer, von links: Stefanie Fischer, Ruth Queißer und Manfred Queißer. Foto: Rolf Ruppenthal

Das Team der Lebacher Buchhandlung Queißer, von links: Stefanie Fischer, Ruth Queißer und Manfred Queißer. Foto: Rolf Ruppenthal

Foto: Rolf Ruppenthal

Bernhard Aichner: Totenfrau. btb Verlag, 448 Seiten, 19,99 Euro: Wie konnte Brünhilde Blum beim Sonnenbaden auf einer Yacht zur Mörderin werden? Die junge Bestatterin Blum aus Salzburg bereitet Ihren Stiefeltern ein nasses Grab und wandelt sich zur liebevollen Ehefrau und Mutter. Als ihr Ehemann, ein Polizist, zu Tode gefahren wird, startet sie einen rasanten Rachefeldzug. So kühl und präzise, wie Blum im Vorbereitungsraum des Bestattungsinstituts die Leichen herrichtet, so führt der Autor seine Figuren und treibt die Handlung bis zum wirklich schrecklichen Finale.

Sascha Arango: Die Wahrheit und andere Lügen. C. Bertelsmann, 304 S., 19,99 Euro: "Ich fahre nach Hause und erzähle alles meiner Frau", sagt Henry Hayden seiner Geliebten, die ein Kind von ihm erwartet. Aber es kommt alles anders für den erfolgreichen Bestsellerautor. Ist er nur ein Hochstapler? Oder auch ein Mörder? Fest steht, er hat das ganze Geschehen nicht im Griff. Autor Arango schon, er hält für seine Leser eine überraschende Wendung nach der anderen bereit. Ein bis zur letzten Seite spannender Psychothriller. Versuchen Sie mal das Buch beiseite zu legen . . .

Jan Costin Wagner: Tage des letzten Schnees. Galiani, 320 Seiten, 19,99 Euro: "Lasse Ekholm sah ein Licht, es kam plötzlich, und es schien ungewöhnlich hell." Als er wieder zu sich kommt, ist seine Tochter Anna tot, ein Autounfall auf noch schneeglatter Straße am Abend des 1. Mai in Turku. Der finnische Kommissar Kimmo Joentaa ist dabei sowohl Tröster als auch Ermittler. Ebenso unerklärlich sind zwei Tote auf einer Parkbank in Helsinki. Zufall, Schicksal, Verstrickung: Zwei Investmentbanker, zwei junge Frauen und ein Schüler treiben scheinbar unausweichlich auf Gewalt und Tod zu. Die eindringliche Sprache hält dieses Buch lange im Kopf des Lesers.

John Grisham: Die Erbin. Heyne, 704 S., 24,99 Euro: Ein vermögender und todkranker Unternehmer ändert Stunden vor seinem Tod sein Testament. 95 Prozent von 24 Millionen Dollar erbt die schwarze Haushälterin. Kleinstadtanwalt Jack Brigance muss diese Erbschaft vor enttäuschten Kindern und deren raffgierigen Anwälten verteidigen. Grisham hat nichts von seiner Klasse verloren: derselbe Anwalt wie in "Die Jury", die gleiche Spannung bis zur letzten Seite.

Keigo Higashino: Heilige Mörderin. Klett-Cotta, 316 Seiten, 19,95 Euro: Ja, wir ahnen, dass nur die schöne Ayane die Mörderin sein kann. Aber wie konnte sie, 300 Kilometer vom Tatort entfernt, das Kaffeewasser mit Arsen vergiften? Und so Ihren Mann töten und nicht seine kaffeekochende Geliebte? Wie schon in seinem ersten Buch "Verdächtige Geliebte" findet ein Wettkampf zwischen einem Täter, der das perfekte Verbrechen begehen will, den Ermittlern und einem genialen Physiker statt. Wir müssen mit dem raffinierten Autor durchaus "um die Ecke denken", um im Verwirrspiel der Personen und Ereignisse die Lösung zu finden. Arno Strobel: Abgründig. Loewe, 234 S., 9,95 Euro: Tim, 16 Jahre alt, Schlafwandler aus Saarbrücken, und Ralf ein Promi-Sohn aus München, treffen sich in einem bayrischen Bergcamp. Ralf stiftet eine Gruppe Jugendiche an, heimlich zu einer Tour auf die Zugspitze aufzubrechen. Die Bergwanderung zur angeblich nahen Hütte gerät zur Katastrophe. Schlecht ausgerüstet geraten sie in eine Schlechtwetterfront und retten in sich letzter Minute in eine Berghütte. Schwere Stürme, kein Wasser, nichts zu essen - heftiger Streit bricht in der Gruppe aus. Am nächsten Morgen ist Ralf verschwunden, Tim hat Blut an den Händen und im Gesicht. Ein Psychothriller für Jugendliche, den man so schnell nicht vergisst.

Wolfgang Schorlau: Am zwölften Tag. KiWi, 340 S., 9,99 Euro: Lieben Sie ihren Schweinebraten, freuen Sie sich auf ihr Steak? Dann sollten sie dieses Buch auf keinen Fall lesen. Mitten in der Nacht klingelt seine Ex-Frau den Privatermittler Dengler aus dem Schlaf. Seit Tagen ist ihr gemeinsamer Sohn Jakob vermisst. Dengler macht sich auf die Suche und stößt auf ein mörderisches Komplott der Fleischmafia. Kann er seinen Sohn und seine Mitstreiter retten, die beim Kampf gegen die Massentierhaltung in die Hände skrupelloser Verbrecher geraten sind?

Emma Healey: Elisabeth wird vermisst. Bastei-Lübbe, 348 S., 14,99 Euro: Sukey, die ältere Schwester der 14-jährigen Maud, verschwindet spurlos und taucht trotz jahrelanger Suche nie mehr auf. Maud, inzwischen eine alte Frau, leidet an Alzheimer. Jetzt vermisst und sucht sie ihre Freundin Elisabeth. Eindrucksvoll schildert die junge Autorin, wie es Maud gelingt, trotz ihrer fortschreitenden Krankheit eine Spur ihrer vor 60 Jahren verschwundenen Schwester Sukey zu entdecken. Emma Healey schreibt sensibel und spannend über das uns alle betreffende Thema Demenz.

Dona Tartt: Der Distelfink. Goldmann, 1024 S., 24,99 Euro: Theo läßt sich unwillig von seiner Mutter ins New Yorker Metropolitan Museum schleppen. Dort trennen sie sich. Das schreckliche Bombenattentat im Museum überlebt nur er. Bei seiner wilden Flucht stiehlt er das Lieblingsbild seiner Mutter, den "Distelfink". Langsam findet der 13-Jährige ins Leben zurück, sein Vater nimmt ihn mit nach Las Vegas. Dort findet er einen richtigen Freund, Boris, und zwei falsche: Alkohol und Drogen. Nach dem Tod seines Vaters kehrt er, zwei Jahre später, nach New York zurück. Er wird zum erfolgreichen Kunsthändler, gerät aber mehr und mehr in kriminelle Kreise. Donna Tartts Sprache ist wunderbar, voll entlarvender und bissiger Schilderungen und Personenbeschreibungen.

Da ist es kein Wunder, dass die Autorin für diesen Roman bei der Verleihung der Pulitzer-Preise in New York den Hauptpreis in Literatur erhalten hat. Nach Ansicht der Jury ist der Roman "wunderschön geschrieben" und die Charaktere sind "ausgezeichnet entworfen". Aktuell rangiert "Der Distelfink" in der Spiegel-Bestsellerliste für Belletristik auf Platz drei. Es ist Tartts dritter Roman, der nach einer langen Pause erschien. 1992 war der Autorin mit ihrem Debütroman "Die geheime Geschichte" der Durchbruch gelungen. Erst zehn Jahre später erschien ihr zweites Buch: "Der kleine Freund".

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