Gebürtige von Boch initiiert Kunst-Schau

Frankfurt. "Sammlung Liebieg"? Nein, kein Druckfehler. Die Gemälde- und Kunstgewerbesammlung, ab Sonntag im Frankfurter Museum Giersch zu sehen, hat nichts mit dem Chemiker Justus von Liebig mit einem "ie" zu tun, dem sie häufig angedichtet wird

Frankfurt. "Sammlung Liebieg"? Nein, kein Druckfehler. Die Gemälde- und Kunstgewerbesammlung, ab Sonntag im Frankfurter Museum Giersch zu sehen, hat nichts mit dem Chemiker Justus von Liebig mit einem "ie" zu tun, dem sie häufig angedichtet wird. Der Freiherr Heinrich von Liebieg aus Böhmen war es, der die Objekte zusammen getragen hat, die jetzt vom tschechischen Liberec nach Frankfurt ausgeliehen werden. Zu danken ist das einer Saarländerin: Milicent Prinzessin zu Solms-Lich, geborene von Boch aus Mettlach, hat die Ausstellung initiiert. Der große Sammler Heinrich von Liebieg war der Onkel ihrer Großmutter Adeline von Boch, geborene von Liebieg. Bei ihrer Suche auf den Spuren ihres Urgroßonkels hat Milicent zu Solms viele Exponate aufgespürt, die jetzt - zum Teil erstmals in Deutschland - ausgestellt werden können.Die heute tschechische Stadt Liberec hieß früher Reichenberg und gehörte zu Österreich-Ungarn. In der Habsburger Zeit war hier der Sitz des größten europäischen Textilunternehmens "Liebieg & Comp." Es gehörte den Brüdern von Liebieg. Bruder Heinrich, 1839 geboren, wurde zum großen Kunstmäzen. Und seine Nichte Adeline (1880-1932) heiratete Luitwin von Boch (1878-1932), zog von Böhmen nach Mettlach und ist somit die Groß- beziehungsweise Urgroßmutter des heutigen Bochschen Familienzweigs der "Saarecker" Bochs. Heinrich von Liebiegs Gemäldesammlung galt als die größte private Sammlung Österreichs. Die Ausstellung in Frankfurt zeigt nun eine Auswahl von Gemälden französischer Vor-Impressionisten - der "Barbizonisten" aus der "Ecole de Fontainebleau": Boudin, Daubigny, Rousseau, Edouard Charlemont. Dazu österreichische Vertreter dieser Stilrichtung - Pettenkofen, Jettl - und deutsche Maler des 19. Jahrhunderts wie Leibl und Defregger. Den Bildern ist in Liberec ein einstigerPalais gewidmet. Ein weiteres Museum präsentiert dort Liebiegs zweite Leidenschaft, das Kunstgewerbe. Aus beiden Museen kommt nun eine repräsenative Auswahl nach Frankfurt.

Heinrich von Liebieg hatte eine dritte große Passion: Er verschönte seine Heimatstadt Reichenberg mit Bauten im damals beliebten historisierenden Stil. Da er viel Zeit in Frankfurt verbrachte, schuf er sich auch dort eine Villa, die nach seinem Tod 1904 laut Testament an die Stadt Frankfurt ging - mit der Auflage, der Bau müsse "auf ewige Zeiten als Museum genutzt werden". Die Stadt hat sich daran gehalten - seit 1909 ist im "Liebieghaus" das "Museum alter Plastik" zuhause, mit Skulpturen von der Antike bis zum Klassizismus. Der dazugehörige prachtvolle Garten ist heute noch einer der beliebtesten Frankfurts. Nun werden also im benachbarten Museum Giersch die wichtigsten Teile der Sammlung Liebiegs gezeigt - von denen lange hierzulande niemand mehr etwas wusste.

Doch wie kam es dazu?

Milicent zu Solms, die Schwester des heutigen "Familienpatriarchen" Luitwin-Gisbert von Boch, die in Marburg lebt, fand 2001 auf dem Speicher des Elternhauses in Mettlach Fotoalben und Liebieg-Dokumente. 2008 kam es in Wien zu einem Familientreffen der Liebiegs aus aller Welt. Nun war die Neugier endgültig geweckt. Überall, von Böhmen über Wien und Paris bis Spanien, hat Milicent zu Solms gesucht und noch Bilder gefunden, die im Auftrag von Liebiegs entstanden sind. Dass jetzt sogar der tschechische Außenminister Fürst Schwarzenberg selbst die Schirmherrschaft der Frankfurter Ausstellung übernommen hat, zeigt ihre hohe Bedeutung.

23. September bis 27. Januar, Frankfurt: Museum Giersch (Schaumainkai 83) und Liebieghaus (Schaumainkai 71).

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