Der Besessene will weiter Vollgas geben

Saarbrücken · Benno Mohr aus Saarbrücken wurde in Mönchengladbach ausgebildet. Im Sommer will er woanders den nächsten Schritt machen.

 Aufgeräumt und unaufgeregt: Benno Mohr beim Interview-Termin in Saarbrücken. Foto: Schlichter

Aufgeräumt und unaufgeregt: Benno Mohr beim Interview-Termin in Saarbrücken. Foto: Schlichter

Foto: Schlichter

Benno Mohr hatte am Wochenende spielfrei. Also fuhr er nach Hause ins Saarland. Am Samstag schaute sich Mohr den 1. FC Saarbrücken an. In Völklingen gegen die SV Elversberg. Tags drauf kickte er auf dem Rodenhof, mit Dutzenden anderen, wie früher. Anfang der Woche kehrte der 21-Jährige zurück nach Mönchengladbach - wo er keine Zukunft für sich sieht.

Mohr befindet sich in einer ungewöhnlichen Situation. Der Saarbrücker verdient sein Geld mit Fußball, noch bis Juni steht er bei Borussia Mönchengladbach unter Vertrag. Mohr trainiert mit der U23, doch er spielt nicht mehr. Weil seit dem Winter klar ist, dass der Mittelfeldspieler den Verein am Saisonende verlassen wird. Zum Einsatz kommt, wer bleibt. "Dafür habe ich auch Verständnis", sagt Mohr im Gespräch mit der SZ. Seine Wohnung in Gladbach hat er gekündigt. Wechseln will er zu einem Verein, "wo ich gebraucht werde".

Das war bei der Borussia nicht mehr so. "Der Abschied ist notwendig, aber leicht fällt er mir nicht", sagt Mohr. Fünf Jahre verbrachte er bei dem traditionsreichen Club. Als Jugendspieler hatte Mohr ein Zimmer im Stadion, dem Borussia-Park. Er musste nur eine Etage höher, dann konnte er auf den Rasen blicken, die Ränge sehen. Alles so nah und doch unerreichbar.

Das Interview findet mitten in Saarbrücken statt, in einem Café am St. Johanner Markt. Mohr bestellt Mineralwasser, ein Getränk für Sportler und Realisten. Er berichtet von seinem Leben als Profi, unaufgeregt, trotz unsicherer Perspektive. Im Moment kann Mohr seinen Sport ein wenig von außen betrachten. Er sagt Sätze wie: "Es gibt einen Überfluss an Fußballern." So viele scheiterten jedes Jahr, auch weil sie zu früh zu viel wollten. Über sich selbst sagt Mohr: "Mit 21 schreibe ich mich nicht ab."

Die Geschichte von Benno Mohr beginnt beim 1. FC Saarbrücken, auch wenn er kurz beim TuS Eschringen spielte, weil seine Oma in dem kleinen Stadtteil wohnt. Mohr kommt vom Rodenhof, aufgewachsen ist er in der Birkenfelder Straße, die in die Ziegelstraße übergeht. Dort kam Otto Rehhagel unter, als er Saarbrücken trainierte. Das ist lange her. Bis zum Ludwigspark-Stadion sind es nur ein paar Schritte.

Als Mohr in die Pubertät kam, veränderte sich plötzlich alles. Er wurde zum Wunderkind, das sich selbst zum Staunen brachte. "Kicken konnte ich immer, aber von heute auf morgen war ich der Beste in meinem Jahrgang", erzählt er. Mit 14 Jahren kam er zu zwei Einsätzen in der Junioren-Nationalmannschaft. Bald spielte Mohr mit der Saarbrücker U19 in der Bundesliga. Da war er, in Worten: fünfzehn. Einer seiner Trainer flachste, er sehe in ihm einen zweiten Patrick Herrmann - mit besserer Technik.

Wenn er auf diese Zeit zurückblickt, spricht Mohr von einem "brutalen Leistungsschub", den er sich bis heute nicht erklären kann. Schließlich wechselte er nach Gladbach. So wie einst Herrmann, der Bub aus Uchtelfangen, der für die Borussia fast 200 Bundesliga-Spiele gemacht hat.

Doch: Auf den Höhenflug folgte ein kleiner Absturz. "Für mich gab es einen Knackpunkt, im zweiten Jahr bei der U19", erzählt Mohr. Alles sei wie immer gewesen, er habe gut gespielt. "In der Rückrunde hat dann nichts mehr funktioniert." So blieb es ein Jahr.

Das Talent legte Sonderschichten ein, konzentrierte sich noch mehr auf den Fußball. In den Jahren davor war alles wie von selbst gekommen. Nun musste er sich erarbeiten, was für ihn selbstverständlich gewesen war. Er sagt: "Ich habe dann die Kurve bekommen, indem ich mich um 180 Grad gewandelt habe." Pause. "Ich bin jetzt besessen vom Sport."

In seinem ersten Jahr bei der U23 gewann Gladbach die Meisterschaft in der Regionalliga West, verpasste den Aufstieg in die 3. Liga. André Schubert wurde sein Trainer, "ein Jackpot für mich". Schubert setzte auf ihn, wurde aber zum Cheftrainer in der Bundesliga befördert. Klar ist: Nicht alles lief gut für Mohr. Doch er sagt: "Ich suche keine Ausreden."

Der 1. FC Saarbrücken wollte ihn in der Winterpause verpflichten. Mohr konnte sich einen Wechsel vorstellen. "Nach wie vor liebe ich die Stadt und auch den Verein." Er ist Mitglied, seit 2003. Doch Gladbach brauchte einen Ersatz für die U23, das kostete Zeit. Mohr flog mit ins Trainingslager. Nach einem Testspiel interessierte sich plötzlich Sparta Rotterdam für ihn, ein Club aus der ersten niederländischen Liga, der Ehrendivision. Er sagte in Saarbrücken ab. Seitdem gab es keinen Kontakt. Doch auch der Transfer nach Rotterdam zerschlug sich. Vorerst.

 In der U15 des 1. FC Saarbrücken lief Benno Mohr (links) als Kapitän seiner Mannschaft auf. Foto: Hartung

In der U15 des 1. FC Saarbrücken lief Benno Mohr (links) als Kapitän seiner Mannschaft auf. Foto: Hartung

Foto: Hartung

"Ich gebe mir noch zwei bis drei Jahre, in denen ich Vollgas gebe, in denen ich mich für den Sport aufopfere." Danach hat Mohr es entweder als Profi geschafft. Oder er setzt auf "Plan B". Wie weit er es bringen könnte? "Für mich ist schwer zu sagen, wie viel Potenzial noch in mir steckt", erklärt er offen. Die Zukunft wird es zeigen.

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