Die Mensch gewordene Maschine

Roth · Jan Frodeno hat Wort gehalten. Der 34-Jährige absolvierte gestern in Roth die Triathlon-Langdistanz schneller als jeder andere Sportler vor ihm. Die alte Bestzeit verbesserte „Frodo“ um fast sechs Minuten.

Wie die Bilder sich ähneln. Als Triathlet Jan Frodeno bei der Challenge in Roth das Zielband in die Hände nimmt, durchreißt und seine Freude herausschreit, fühlt man sich unweigerlich an Hawaii 2015 erinnert, als "Frodo" Ironman-Weltmeister wurde. Oder an Frankfurt 2015, als er Ironman-Europameister wurde. Oder an Peking 2008, als er Olympiasieger über die Kurzdistanz wurde.

Challenge-Organisator Felix Walchshöfer ist der erste Gratulant, dann kommt schon Frau Emma und verpasst dem 34-Jährigen einen süßen Siegerkuss. Und die Anzeigentafel über ihnen zeigt nüchtern das Unfassbare an: 7:35:39 Stunden für 3,86 Kilometer Schwimmen, 180 Kilometer Radfahren und 42,195 Kilometer Laufen - nie war jemand über die Ironman-Distanz schneller als der Mann vom LAZ Saarbrücken .

Aus dem "Projekt 740", bei dem Frodeno die alte Weltbestzeit seines langjährigen Trainingskumpels Andreas Raelert (Rostock) unterbieten wollte, ist bei der wohl größten Triathlon-Party der Welt mit 6000 Startern und fast 300 000 Zuschauern nun das "Projekt 735" geworden. "Raeli", der 2015 in Hawaii hinter Frodeno Zweiter geworden war, hatte 2011 ebenfalls in Roth in 7:41:33 Stunden gewonnen. Zweiter wurde gestern Joe Skipper in 7:56:23 Stunden. Der Brite hatte kurz vor dem Ziel noch Nils Frommhold abgefangen. Der Vorjahresgewinner kam nach 7:57:49 Stunden ins Ziel. Da hatte Frodeno schon längst die Glückwünsche seines Teams entgegengenommen. Manager Felix Rüdiger, dessen Ehefrau Isabell, Frodenos Physiotherapeutin, und Andreas Walzer , Homburger Bahnrad-Olympiasieger von 1992 und heute bei Radhersteller Canyon zuständig für Frodenos Rennmaschine, wollten den schnellsten Eisenmann der Geschichte gar nicht mehr loslassen.

"Ich wollte es bis zum Ende durchziehen. Man weiß ja nie, wo man steht", sagte Frodeno, der schon auf der Schwimmstrecke zeigte, dass es sein Weltrekord-Tag werden könnte. Nach 45:22 Minuten stieg er als Erster aus dem Wasser - 53 Sekunden schneller als Raelert 2011. Auf der Radstrecke fuhr Frodeno dann ein einsames Rennen - und musste auch zwei Schreckmomente überstehen. Bei Kilometer 120 stürzte er, konnte aber unverletzt und ohne Materialschaden wieder weiterfahren. Kurze Zeit später musste er einem unachtsamen Autofahrer ausweichen, der seinen Weg kreuzte. "Es ist halt ein Ironman, da läuft nicht alles glatt", kommentierte er die Zwischenfälle, die ihn nicht davon abhielten, den Vorsprung auf die Konkurrenz vor dem abschließenden Marathon auf über elf Minuten auszubauen.

Die 42,195 Kilometer lief Frodeno, beflügelt von Zehntausenden an der Strecke, in einer Zeit unter 2:40 Stunden - etwas, das ihm vorher in seiner Karriere noch nie gelungen war. "Der Weltrekord ist einer der Höhepunkte meiner Karriere", sagte Frodeno, nachdem er sich im Ziel eine ausgiebige Weißbierdusche gegönnt hatte und lobte vor allem die Stimmung: "Das war so überwältigend. Das habe ich so noch nie erlebt." Die Konkurrenz gratulierte dem neuen Rekordmann voller Respekt. "Jan ist eine andere Liga, da bin ich dritte Liga. Das ist ein Riesenabstand", sagte Vorjahressieger Frommhold.

Auch bei den Frauen war die Ironman-Weltmeisterin nicht zu schlagen. Die Schweizerin Daniela Ryf gewann in persönlicher Bestzeit von 8:22:04 Stunden mit über 20 Minuten vor der Australierin Carrie Lester.

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