Doberstein macht Ernst und setzt ein Zeichen

Jürgen Doberstein wird im Juli im Saarland boxen, der Veranstaltungsort ist noch offen. Der Intercontinental-Meister im Supermittelgewicht hat wahrscheinlich den schwersten Gegner seiner Karriere vor sich: Robin Krasniqi war Weltranglisten-Erster im Halbschwergewicht.

 Jürgen Doberstein zeigt den Gürtel, den er am 5. Dezember in Saarbrücken im Kampf gegen den Argentinier Ruben Eduardo Acosta gewonnen hat – und den er behalten will. Er steigt im Juli im Saarland in den Ring, um den Intercontinental-Titel zu verteidigen. Foto: Schlichter

Jürgen Doberstein zeigt den Gürtel, den er am 5. Dezember in Saarbrücken im Kampf gegen den Argentinier Ruben Eduardo Acosta gewonnen hat – und den er behalten will. Er steigt im Juli im Saarland in den Ring, um den Intercontinental-Titel zu verteidigen. Foto: Schlichter

Foto: Schlichter

Drei Mal muss er seinen Titel verteidigen - dann ist er der Pflicht-herausforderer des Weltmeisters. Das ist derzeit offenbar der einzige Weg, den Jürgen Doberstein gehen kann, um sein großes Ziel erreichen zu können: Der 27-Jährige will einen WM-Gürtel in einem der vier großen Verbände WBA, WBC, WBO und IBF gewinnen. Das Management des Supermittelgewicht-Boxers aus Kleinblittersdorf, die Doberstein Promotion, hatte sich für den Kampf um die vakante Interims-Weltmeisterschaft des WBA-Verbandes beworben. Vergeblich. Da Doberstein bei keinem der großen Box-Ställe unter Vertrag steht, hat er es schwer, einen großen Kampf zu bekommen. Es sei denn, er setzt sich sportlich durch und boxt sich hoch, bis er Pflichtherausforderer ist. Dann steht ihm ein WM-Kampf zu.

Box-Verbände vergeben Kämpfe wie den um die Interims-WM. Dabei geht es mitunter zu wie auf einem Basar. Es wird gefeilscht, geschachert. Es werden auch Titelkämpfe für aufstrebende Boxer verhindert. Ohne Beziehungen, Einfluss, Geld scheint man chancenlos. Die World Boxing Association (WBA) zum Beispiel präsentiert auf ihrer Seite im Internet ihre Sponsoren. Darunter ist Sauerland Event . Es wird gemunkelt, dass der Box-Stall dem Verband im Jahr 200 000 Euro gibt. Da scheint es kaum verwunderlich, dass wichtige Kämpfe eher bei dem großen Berliner Stall als bei kleineren landen, damit Sauerland seine Athleten um Titel kämpfen lassen kann. Zumal die Verbände an Titelkämpfen mitverdienen.

Ein Strippenzieher in diesem Geschäft ist Wilfried Sauerland. Der Manager lässt Titel und Chancen auf deren Gewinn unter den bei seinem Stall vertraglich gebundenen Boxern sozusagen rundgehen - und lockt Titelträger mit lukrativen Offerten für Duelle gegen seine Boxer . Boxer anderer Ställe kommen dadurch nicht an die Titelchance heran. Sauerland schafft sich quasi seine eigene Gelddruckmaschine.

Ein Beispiel: Der 24 Jahre alte Supermittelgewichtler Tyron Zeuge aus Berlin - ein Sauerland-Boxer, der in der deutschen Rangliste Vierter ist - kämpft am 16. Juli in seiner Heimatstadt gegen WBA-Weltmeister Giovanni De Carolis. Der Italiener hatte den hochgelobten Karlsruher Vincent Feigenbutz am 9. Januar im Titelkampf besiegt. Der 20 Jahre alte Sauerland-Boxer, der in Deutschland nur noch auf Rang acht geführt wird, sollte in dem Kampf zum jüngsten deutschen Weltmeister aufsteigen.

Im Duell gegen De Carolis soll nun Zeuge zum jüngsten deutsche Weltmeister aufsteigen. Sollte der 31 Jahre alte Italiener wieder siegen, wird er den WM-Titel wohl gegen den nächsten Sauerland-Boxer verteidigen: Arthur Abraham . Der 36-Jährige ist die deutsche Nummer zwei hinter dem positiv getesteten Felix Sturm . Der WBA-Super-Champion vermarktet sich über die Sturm Promotion selbst. Das Doping-Verfahren gegen den 37-Jährigen läuft noch. Ex-Weltmeister Abraham steigt bei der Veranstaltung in Berlin bei einem Aufbaukampf in den Ring, bei der De Carolis gegen Zeuge boxt. Der Gegner von "King Arthur" ist offen. Es ist davon auszugehen, dass es Fallobst sein wird, denn Abraham will sich für einen WM-Kampf in Stellung bringen.

Doberstein, der von 2008 bis 2010 bei Sauerland unter Vertrag stand, wollte an diesem 16. Juli seinen Intercontinental-Titel verteidigen. Doberstein Promotion richtet mit dem Box-Stall SES im Saarland einen Kampfabend mit sieben Duellen aus. Doberstein hätte sich Fallobst aussuchen und so seinen Titel drei Mal locker verteidigen können, bis er Pflichtherausforderer des Weltmeisters ist. Doch der Kampfabend mit SES deutet daraufhin, dass er gegen Robin Krasniqi boxen wird. Das wäre ein mutiger Schritt. Denn der 29-Jährige vom SES-Stall war im Halbschwergewicht Weltranglisten-Erster und Europameister des WBO-Verbandes sowie WBA-Intercontinental-Meister. Solch ein Kaliber hatte Doberstein noch nicht vor seinen Fäusten.

Krasniqi hatte zwei WM-Chancen. Am 20. April 2013 unterlag er dem Briten Nathan Cleverly im WBO-Titelkampf. Am 21. März 2015 verlor er den WM-Kampf nach WBA-Version gegen Jürgen Brähmer. Der Münchner wechselte etwas später ins Supermittelgewicht und besiegte am 9. Januar 2016 Cagri Ermis. Der Wuppertaler, die deutsche Nummer sieben, hatte am 27. Februar 2015 in Berlin für eine von Dobersteins zwei Niederlagen gesorgt.

Sat. 1 ist Haussender von Sauerland und überträgt den Box-Abend am 16. Juli aus Berlin. Deshalb wird der Kampf von Doberstein wohl verlegt. Denn Doberstein Promotion verhandelt für den Kampfabend im Saarland über eine TV-Übertragung. Zwei Box-Übertragungen am 16. Juli: kaum denkbar. Deshalb findet Dobersteins Kampf vermutlich am 23. Juli statt. Am 1. April hätte ein Kampf in Fort Lauderdale in den USA gegen den Serben Geard Ajetovic stattfinden sollen. Der fiel aus, weil Doberstein an der Schulter verletzt war. Die Verletzung ist auskuriert. Für Sommer war ein Duell in der Ursapharm-Arena in Elversberg geplant. Der nächste Kampf Dobersteins findet aber nicht in der Fußball-Arena statt. Grund sind laut Doberstein Promotion Umbauarbeiten in dem Stadion. Wo der Kleinblittersdorfer im Juli boxen wird, ist offen. Zuletzt trat er in der Saarlandhalle an. Er kämpfte auch schon in St. Ingbert in der Industriekathedrale Alte Schmelz.

Egal, wo er in den Ring steigen wird - in seiner Ecke wird "King Artur" stehen. Aber nicht Arthur Abraham . Dobersteins neuer Trainer ist Artur Grigorian. Der Kampfname des in Hamburg lebenden Usbeken war ebenfalls "King Artur". Der 48-Jährige war zwischen April 1996 und Januar 2004 WBO-Weltmeister im Leichtgewicht. Doberstein trainiert bei ihm in Hamburg. Zuvor war der Familienvater zwischen dem Saarland und Miami gependelt. In den USA trainierte er bei einem der weltbesten Trainer: Pedro Luis Diaz. Die Trennung von seiner Frau und seinem einjährigen Sohn belastete Doberstein. Eine menschliche Note im durchtriebenen Box-Geschäft.

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