Raum für Völklinger Flüchtlinge

Völklingen · Der Zustrom der Flüchtlinge nach Völklingen „explodiert“, sagt die Stadtverwaltung auf SZ-Nachfrage. Dadurch drohe das Verhältnis zwischen Flüchtlingen und Wohnungen demnächst zu kippen. Doch derzeit halte es sich „noch“ die Waage.

 Karl-Heinz-Remark schlägt vor, diesen Block in Luisenthal für Flüchtlinge herzurichten. Die städtische Wohnungsgesellschaft hat ihn aber nicht ins Programm aufgenommen. Foto: Remark

Karl-Heinz-Remark schlägt vor, diesen Block in Luisenthal für Flüchtlinge herzurichten. Die städtische Wohnungsgesellschaft hat ihn aber nicht ins Programm aufgenommen. Foto: Remark

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Kurt Kasper muss nicht lange überlegen, um auf Fragen über Flüchtlinge in Völklingen präzise antworten zu können. Dabei zählt dieses Thema kaum zum normalen Aufgabenbereich des Leiters des Fachbereichs 2 in der Stadtverwaltung, der sich von Haus aus eher um Wirtschaftliches und Kulturelles kümmert.
Immer mehr Flüchtlinge

Die Stadt sieht sich einer enormen Herausforderung gegenüber. "Der Zustrom explodiert", bringt es Kasper in nüchternem Ton auf den Punkt. Sprich: Immer mehr Flüchtlinge kommen nach Völklingen , vornehmlich aus Eritrea und Syrien. Seit Juli sind es rund 20 bis 50 Männer und Frauen pro Woche. Und auch diese Zahl wächst. Aktuell leben 190 Flüchtlinge in der Mittelstadt, die aus Lebach zugeteilt wurden. Dazu kommen noch 50 so genannte unbegleitete Jugendliche. Und es gibt eine Dunkelziffer an "Familiennachrückern". Sie erreichen die Hüttenstadt über andere "Kanäle", also nicht über Lebach, wie Kasper erklärt.

Die unbegleiteten Jugendlichen landen in zwei Clearinghäusern. Für alle anderen ist "definitiv die Kommune verantwortlich für die Unterbringung", sagt Bernd Müller, einer der Ansprechpartner für eben dieses Thema im Saar-Innenministerium. Doch das Land greift den Kommunen unter die Arme. Vergangenes Jahr hat das Team um Innenminister Klaus Bouillon (CDU ) das Flüchtlingswohnraumprogramm (FWP) auf den Weg gebracht. Es stellt Zuschüsse in Aussicht für die Sanierung von leer stehendem Wohnraum, um ihn in einen "vermietbaren Zustand" zu versetzen. Und da ohne das FWP die öffentlichen Wohnungsgesellschaften in die Knie gingen, fließt viel Geld: Zehn Millionen Euro stecken inzwischen in diesem Programm, über 200 Maßnahmen seien damit schon realisiert worden, so Bernd Müller. Drei Viertel der bisherigen Anträge sind bereits durchgearbeitet und bewilligt.

Dennoch geht das manchen nicht schnell genug. Karl-Heinz Remark aus Völklingen sieht als Seniorensicherheitsberater eine Diskrepanz zwischen Bedarf und Leerstand. Explizit spricht er in einem Schreiben an die SZ einen Wohnblock In der Acht in Luisenthal an: Der, meint Remark, müsse - von seiner äußereren Erscheinung her zu urteilen - doch rasch in Stand zu setzen sein. Der Wohnblock ist Eigentum der Gemeinnützigen Städtischen Wohnungsgesellschaft (GSW).

Doch der Schein trügt, wie Geschäftsführer Markus Arend erklärt. Das Gebäude müsste erstens als Ganzes saniert werden, auch außen und am Dach - das FWP ziele aber auf die Wohnungen selbst ab, die Kosten für die GSW wären also zu hoch. Und zweitens wolle man die Flüchtlinge nicht auf ein komplettes Haus konzentrieren.
26 Wohnungen vermietet

Es zählt also noch nicht zum Programm. Dafür aber eine ganze Reihe anderer GSW-Gebäude über das gesamte Stadtgebiet verteilt - vom Heidstock über Luisenthal bis zur Stadtmitte und zu Wehrden. 26 Wohnungen seien bereits an Flüchtlinge vermietet, an weiteren 28 werde gearbeitet. Dramatisch ist die Lage derzeit nicht, "noch können wir alle unterbringen", sagt Kurt Kasper dazu. Die Betonung liegt aber auf dem "noch". Der Zustrom wächst stärker als das Angebot an Wohnungen . Zeltstädte wie zum Beispiel in Bayern oder Sachsen wird es erstmal nicht geben. "Wenn das Tempo aber so bleibt, kommen wir irgendwann nicht mehr umhin." Einen großen Anteil an der noch mehr oder weniger stabilen Situation haben die privaten Vermieter . Rund ein Drittel der Völklinger Flüchtlinge sind bei ihnen untergekommen, sagt Kasper. Und auch sie profitieren vom FWP, das eigentlich in erster Linie für Wohnungen in öffentlicher Hand gedacht ist. Doch die Grenzen der Bewilligungen fließen, sagt Bernd Müller vom Ministerium. Man will den Vermietern einen Anreiz schaffen, ihre leeren Wohnungen anzubieten. So dürfen sie hoffen, dass sie im Sanierungsfall einen Zuschuss erhalten. Und im Anschluss fließt Miete auf sozialem Niveau - vom Sozialamt bezahlt und damit garantiert. Diese Anreize wirken. In den letzten Tagen hat Müller saarlandweit 430 Anrufe von privaten Vermietern bekommen, wie er sagt. Tendenz steigend. < Weitere Berichte auf Seite B2.

Vermieter , die sich über das Thema informieren möchten, erreichen Bernd Müller vom Innenministerium und seine Kollegen über Tel. (06 81) 501-21 90, -22 39 und -21 61.

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