Serie „Arbeitsplatz Krankenhaus“ Vom Metzger zum Stationsleiter

Dudweiler · Wer denkt schon gern ans Krankenhaus – solange er gesund ist? Hauptsache, das Krankenhaus ist da, und wir fühlen uns sicher, weil für den Notfall alles bereitsteht: Geräte und vor allem hilfsbereite Menschen. Genau um diese Menschen geht es in unserer Serie „Arbeitsplatz Krankenhaus“. Wir stellen die vor, die uns helfen, falls uns das Glück verlässt. Heute: Johannes Ziegler.

 Stationsleiter Johannes Ziegler versucht ein Vertrauensverhältnis zu seinen Patienten aufzubauen. Foto: Iris Maurer

Stationsleiter Johannes Ziegler versucht ein Vertrauensverhältnis zu seinen Patienten aufzubauen. Foto: Iris Maurer

Foto: Iris Maurer

"Unsere Patienten sind keine Simulanten", sagt Johannes Ziegler. In die Psychosomatische Abteilung der Caritasklinik St. Josef kommen zwar überwiegend Patienten mit Symptomen, für die keine körperliche Ursache gefunden werden kann. "Aber für sie sind die Symptome real", so der 48-jährige Stationsleiter.

Auf seiner Station wird der Zusammenhang zwischen psychischen und körperlichen Vorgängen untersucht.

Unter den 36 stationär und zehn teilstationär untergebrachten Personen sind auch welche, deren körperlichen Erkrankungen ihren ganzen Alltag bestimmen. "Das können zum Beispiel Schmerzen sein. Dann geht es darum, dass Patienten lernen, ihrer Krankheit weniger Raum zu lassen. Dass das Leben trotzdem weitergeht", erzählt Ziegler.

Schmerzen ohne erkennbaren Grund hingegen seien wie Essstörungen oft ein Zeichen dafür, dass in der Psyche etwas nicht stimmt. Ursache kann ein Ereignis in der Vergangenheit sein, das nach Jahrzehnten plötzlich Beschwerden auslöst, zum Beispiel die Prügelstrafe in der Kindheit oder ein unscheinbarer Auffahrunfall. "Das kann einen zum Beispiel beim Übergang in einen neuen Lebensabschnitt plötzlich völlig aus der Bahn werfen", erklärt der Stationsleiter. Im Schnitt werden die Patienten sechs Wochen lang behandelt. Um Probleme zu erkennen und zu therapieren, führen Ziegler und seine Kollegen Einzel- und Gruppengespräche. "Ein vertrautes Verhältnis ist enorm wichtig", sagt er. Sport soll den Patienten unterstützen. Manchmal wird auch die Familie einbezogen. Auch das gehört zur Systemischen Beratung, in der Ziegler eine Weiterbildung gemacht hat. Typisch ist sein Werdegang aber nicht: Mit 14 Jahren begann Ziegler eine Ausbildung zum Metzger. Als er merkte, dass ihn das auf Dauer nicht ausfüllt, schulte er mit 27 zum Krankenpfleger um. Durch den ganzheitlichen Ansatz in seiner damaligen Klinik wurde sein Interesse für die Psychosomatik geweckt. "Ich habe dann aber schnell gemerkt, dass Lebenserfahrung allein nicht ausreicht", erzählt Ziegler. Voraussetzung für die folgende Weiterbildung war die Krankenpflegeausbildung. Denn es ist nicht immer leicht, Zeichen einer körperlichen Erkrankung von psychosomatischen Symptomen zu unterscheiden. "Wenn bei jemandem bekannt ist, dass er psychisch bedingte Herzschmerzen hat, heißt das nicht, dass sich nicht irgendwann auch mal ein Herzinfarkt durch ähnliche Schmerzen ankündigen kann. Darauf müssen wir genau achten."

Seine Arbeit macht Ziegler Spaß, auch wenn er manchmal Leute in schweren Krisen erlebt. "Am schlimmsten sind Phasen, in denen man nichts aktiv tun kann und ein Patient zum Beispiel nach einem Suizidversuch nur will, dass jemand wortlos bei ihm sitzt", erzählt Ziegler. Denn er will Menschen helfen, ihre Probleme zu bewältigen. "Die verschwinden oft nicht komplett, aber die Patienten lernen, damit zu leben." Privat muss Ziegler sich auch mal abgrenzen, wenn Bekannte psychologische Ratschläge von ihm erwarten. "Dagegen muss ich mich natürlich wehren", meint er. Noch wichtiger sei dort aber etwas anderes, so der 48-Jährige lachend: "Ich muss aufpassen, dass ich nicht bei jedem nach einem Therapiebedarf suche."

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