Ein Loblied auf den Bindestrich

St. Wendel · Über Mode, Geschmack und deren Ausdrucksformen lässt sich prima streiten. Zu Irritationen führt allerdings, wenn Menschen ihre Progressivität in der geschriebenen Sprache unterstreichen möchten. Da tauchen dann in Substantiven urplötzlich Großbuchstaben auf, die den Leser vor ein Rätsel stellen.

Neben dem weitverbreiteten, unsäglichen Genitiv-Apostroph von "Mutti's Lieblingen" ist das wohl ein weiterer Ausdruck von Dynamik und ständiger Modernisierung des Sprachgebrauchs. Da fand also in Solingen der 15. MesserGabelScherenMarkt (sic!) statt - da wirkt doch jede normale Schreibweise abgewetzt und stumpf! Aber so weit muss man ja gar nicht blicken. Die SaarLandFrauen, KuLanI, PrimsArtIG und der PopRat machen da kräftig mit und wollen ihre zukunftsweisenden Konzepte unterstreichen. Dabei lassen sie die Leser irritiert zurück. Dass Dinge zusammengehören und dies auch schriftlich anschaulich gemacht werden kann, dafür gibt es den Bindestrich. Er dient als Lesehilfe und ist bisher noch nicht als altbacken verpönt - oder habe ich da was verpasst? Gibt es da neue Regeln?

Diejenigen, die mit diesen Wortungetümen ihre besondere Zukunftsorientierung darstellen wollen, sollten auch mal an diejenigen denken, die unsere Sprache in Wort und Schrift lernen wollen. Die Groß- und Kleinschreibung in der deutschen Schriftsprache ist an sich ja schon eine Hürde, oft sogar für Muttersprachler. Wie sollen wir all denen die Regeln erklären? Dass sie beliebig sind? Dass da eine Spielwiese für progressive Sprachgestalter existiert, die seltsame Eigennamen kreiern? Dass korrekte Schreibweisen tatsächlich als bieder gelten?

Darum mein Appell: Helft uns beim Lesen, benutzt wieder Bindestriche.

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