Rückbesinnung und Blick nach vorne

St Wendel · Saar-Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer hielt die diesjährige Neujahrspredigt in der voll besetzten evangelischen Stadtkirche. Sie führte ihre Gedanken zur Jahreslosung „Gott spricht: Ich schenke euch ein neues Herz und lege einen neuen Geist in euch“ aus.

Neujahrsandacht in der voll besetzten evangelischen St. Wendeler Stadtkirche mit Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer. FOTO: B&K

Neujahrsandacht in der voll besetzten evangelischen St. Wendeler Stadtkirche mit Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer. FOTO: B&K

Ehe Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU ) die mehr als 200 Besucher an ihren Gedanken zur Jahreslosung "Gott spricht: Ich schenke euch ein neues Herz und lege einen neuen Geist in euch" (Prophet Hesekiel) teilhaben lässt, wirft sie einen Blick zurück. "Es gab viele Situationen, die uns traurig und fassungslos zurückgelassen, die uns verletzt haben", beklagt sie. Die Regierungschefin spricht die schrecklichen Kriegsbilder in der syrischen Stadt Aleppo an, die einem trotz ökologischer und politischer Stärke das Gefühl vermittelt hätten, nur hilflos am Rande zu stehen. "Weil man das Gefühl hat, dass andere Länder Syrien zu einem Spielball" machen wollten, so die 54-Jährige. Als weiteres schwieriges Ereignis bezeichnet Kramp-Karrenbauer den Ausstieg Großbritanniens aus der Europäischen Union (EU).

Sie erinnerte daran, dass Deutschland Menschen aufgenommen habe, von denen einige das ihnen entgegengebrachte Vertrauen missbraucht hätten. Auch den Anschlag auf den Weihnachtsmarkt in Berlin erwähnte sie.

Die Jahreslosung 2017 mache jedoch hoffnungsfroh. Man frage sich allerdings auch, was das neue Jahr denn so bringen möge. "Wir haben erlebt, dass so vieles, was uns bedrückt unter dem Motto und Label ‚Neues' hinzugekommen ist", stellt die Landeschefin fest. Dazu führt sie als Beispiel einen neuen Nationalismus an. "Diese neuen politischen Kräfte wollen sich etablieren, in dem sie gegen Institutionen arbeiten, die bislang Verantwortung getragen haben", meint sie. Gleichzeitig fordert sie auf, sich auf die Wurzeln rückzubesinnen, die eine Antwort auf diese Herausforderungen geben könnten. Nach dem Zweiten Weltkrieg habe ein Kontinent in Schutt und Asche gelegen. Was hat dazu geführt? "Es war der alte Geist, den heute viele Leute als neuen Geist für sich reklamieren", hält Kramp-Karrenbauer fest. Gegen dieses "alte Denken" sei Rückbesinnung gefragt, und sie erinnert an die Geburtsstunde Europas. "Damals waren keine Menschen da, die die alten Gedanken gesponnen haben. Es waren Menschen wie Robert Schumann , die für Völkerverständigung geworben haben", erklärt die Ministerpräsidentin. Mit einem neuen Europa habe man seinerzeit ein Versprechen an die Jugend gegeben, dass es so etwas wie den Weltkriegen nicht mehr geben würde, und dass die Zukunft besser würde als Vergangenheit und Gegenwart. Aber: "Das ist kein Selbstläufer, das hat die jüngste Vergangenheit gezeigt", räumt sie ein. Wichtig sei es daher, das Zusammenleben zu organisieren. Dies umso mehr, wenn das demokratische, repräsentative System unter Druck gesetzt und angegriffen werde.

Lernen könnte man von den Vätern des Grundgesetzes und von Martin Luther . "Er hat Missstände im kirchlichen Bereich aufgedeckt, sich rückbesonnen, was der wahre Ursprung war und daraus für die Zukunft das Richtige abgeleitet", sagt sie. Von der Losung könne viel Positives für die Zukunft mitgenommen werden, was im Kern für ein Land und einen Kontinent eine gute Zukunft mit sich bringt.

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Auf einen Blick Die Mitwirkenden der Abendandacht am Neujahrstag in der evangelischen Stadtkirche in St. Wendel waren: Liturgen: Pfarrer Markus Karsch, Pfarrer Gerhard Koepke, Pfarrerin Christine Unrath, Gemeindemitarbeiterin Bärbel Zägel (Kantorei Obere Nahe). Leitung: Roland Lißmann. Sopran: Cornelia Möckel, Saxophon: Volker Jung, Orgel: Thomas Layes. Ansprache zur Jahreslosung: Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer Die Jahreslosung der christlichen Kirchen wird von der Ökumenischen Arbeitsgemeinschaft für Bibellesen ausgewählt. Die aktuelle politische und gesellschaftliche Situation spielt dabei keine Rolle, weil die Auswahl stets vier Jahre im Voraus stattfindet. Wichtige Gesichtspunkte sind dagegen, dass eine zentrale Aussage der Bibel in den Blick kommt, und zwar in einprägsamer und möglichst knapper Formulierung, ein Bibelwort, das in besonderer Weise ermutigen, trösten, Hoffnung wecken oder auch aufrütteln und provozieren kann. frf

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