Schülern Vergangenheit näher bringen

St Wendel · Experte erläutert an einer Schule, warum Menschen, die in einem Ghetto arbeiten mussten, ihre Rente verwehrt wurde.

 Christoph Zahn erläutert während der Ausstellung an der Dr.-Walter-Bruch-Schule, was es mit dem Ghettorentengesetz auf sich hat. Foto: Repia Poyraz

Christoph Zahn erläutert während der Ausstellung an der Dr.-Walter-Bruch-Schule, was es mit dem Ghettorentengesetz auf sich hat. Foto: Repia Poyraz

Foto: Repia Poyraz

An der Dr.-Walter-Bruch-Schule in St. Wendel fand eine Ausstellung über die Lebens- und Arbeitsverhältnisse im Ghetto sowie über das "Gesetz zur Zahlbarmachung von Renten aus Beschäftigungen in einem Ghetto (ZRBG)", kurz Ghettorentengesetz, statt. Die Exponate wurden zur Verfügung gestellt von der Deutschen Rentenversicherung Bund in Berlin. Eröffnet wurde die Veranstaltung von Christoph Zahn, Mitarbeiter der Deutschen Rentenversicherung in Saarbrücken und Vorstandsmitglied des Vereins Wider das Vergessen und gegen Rassismus Marpingen.

In seinem Vortrag zeigte Christoph Zahn am Beispiel des Ghetto Lodz, unter der deutschen Besatzung umbenannt in Litzmannstadt nach dem General und NSDAP-Mitglied Karl Litzmann, die menschenunwürdigen Lebens- und Arbeitsverhältnisse in denen unter dem Naziregime für jüdische Bürger eingerichteten Ghettos auf. Da die Lebensbedingungen von Unterdrückung, Hunger, Krankheit und Tod geprägt waren, bemühten sich viele Menschen um Arbeit, um zusätzliche Lebensmittelrationen zu erhalten. Allerdings wurde den Ghettoarbeitern viele Jahrzehnte nach Kriegsende kein Anspruch auf eine entsprechende Rentenzahlung aus dieser Zeit zuerkannt. Der Grund: das Deutsche Rentengesetz sah nur Rentenzahlungen für ein Beschäftigungsverhältnis vor, das keine Zwangsarbeit war und mehr oder weniger freiwillig erfolgte. Im Jahre 1997 wurde dann schließlich eine Grundsatzentscheidung getroffen, die schließlich die Arbeit in einem Ghetto - im Gegensatz zu der in einem KZ - als Beschäftigungsverhältnis anerkannte. Außerdem durften zu der damaligen Zeit Rentenzahlungen nicht ins Ausland geleistet werden, was sich angesichts der Tatsache, dass zahlreiche ehemalige Ghettoarbeiter nach Israel oder in die USA ausgewandert waren, als ein erneutes Problem herausstellte. Erst 2002 wurde dann das Gesetz zur Zahlbarmachung von Renten aus Beschäftigungen in einem Ghetto (ZRBG) verabschiedet, welches Rentenzahlungen nun auch ins Ausland ermöglichte. Die deutsche Bürokratie brauchte jedoch noch weitere zwölf Jahre bis im Jahre 2014 schließlich den Anspruchsberechtigten, immerhin mit rückwirkendem Zahlungsbeginn ab 1997, eine Rentenzahlung zugesprochen wurde. Viele hochbetagte Antragsteller starben während der langjährigen Ablehnungspraxis und haben diese Zahlungen nicht mehr erleben können. Mit dem Zitat von Helmut Kohl: "Wer die Vergangenheit nicht kennt, kann die Gegenwart nicht verstehen und die Zukunft nicht gestalten", appellierte Christoph Zahn abschließend an die Verantwortung der Schüler, sich für Demokratie einzusetzen und gegen Faschismus und Rassismus vorzugehen. "Das Ziel dieser Veranstaltung besteht darin, an die schrecklichen Ereignisse der Nazizeit zu erinnern und die Schüler zu sensibilisieren, um aus der Vergangenheit zu lernen, denn die derzeitigen Entwicklungen in Deutschland und Europa erinnern stark an die damalige Zeit vor 1933", erklärte Christoph Zahn.

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Anmeldungen für das berufliche Oberstufengymnasium werden weiterhin jeweils montags, dienstags, donnerstags und freitags von 8 bis 12 Uhr im Sekretariat des kaufmännischen Bereichs (Jahnstraße 14, St. Wendel) entgegengenommen. Spätere Termine und auch individuelle Beratungstermine sind nach vorheriger Absprache ebenfalls möglich, und zwar unter Tel. (0 68 51) 9 32 10.

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