Situationen mit individuellem Sinn schaffen

Otzenhausen · Alles, was demenziell Erkrankten, Heimbewohnern oder Palliativ-Patienten im Jetzt einen Sinn gibt, macht auch Sinn. Dieser Meinung ist Seelsorger Klaus Aurnhammer, der auf deiner Palliativstation arbeitet.

 Redner Klaus Aurnhammer in der EAO. Foto: Stefan Bohlander

Redner Klaus Aurnhammer in der EAO. Foto: Stefan Bohlander

Foto: Stefan Bohlander

"Ich bin kein Missionar, nur ein Mensch, der etwas wissen möchte", beruhigte Klaus Aurnhammer gleich zu Beginn seiner Rede. Der Diplom-Theologe und Krankenpfleger arbeitet als Seelsorger auf einer Palliativstation, ist Vorstandsmitglied der Landesarbeitsgemeinschaft Hospiz Saarland und Palliative-Care-Trainer. Bei der ersten Saarländischen Fachtagung für Palliative Geriatrie, die in der Europäischen Akademie Otzenhausen (EAO) über die Bühne ging, fungierte er darüber hinaus als Schlussredner. Mit seinem Thema hatte er sich eine philosophische Betrachtungsweise der Palliativpflege ausgesucht.

Überschrieben mit "Wenn Leben zu Ende geht - Spirituelle Bedürfnisse professionell begleiten" fing er auch gleich sinnfragend an: "Was ist das überhaupt?". Was haben spirituelle Bedürfnisse für einen Zweck in einer Zeit, in der viele nicht mehr gebunden seien an Religion, an dieses "System von Überzeugungen und Ritualen". Doch gäbe es "klassische Lebensübergänge und -abschnitte für Menschen aller Kulturen", beispielsweise Geburt und Tod oder die Mann- oder Frauwerdung. Gewisse Rituale würden auch in ferner Zukunft erhalten bleiben: "Wenn es in vielen Jahren keine Christen mehr gibt, werden immer noch Kerzen entzündet oder Steine beschriftet".

Es sei egal, aus welcher Himmelsrichtung man stamme, "wir haben alle eine spirituelle Dimension", so Aurnhammer. Einige dieser geistigen Grundfragen, die uns alle umtreiben, seien "Warum ich?", "Wer bin ich?" und "Wo komm ich her, wo geh ich hin?". Doch der Sinn sei nicht zwangsläufig eine intellektuelle Angelegenheit, sinnstiftend seien zum Beispiel ein Urlaub, die Ehe oder ein ausfüllender Arbeitsplatz. Fragen, die sich ein an Demenz Erkrankter stellt, verdeutlichte er, indem er von der Bühne in den Zuschauerraum kam und sich vor eine Wand stellte: "Wer bin ich denn jetzt noch? Oder was?"

Bezug nehmend auf die Palliativpflege war seine Theorie: "Ich bin überzeugt, dass Demente auch Sinnsuchende sind!" Vereinfacht gesagt sei alles, was demenziell Erkrankten, Heimbewohnern oder Palliativ-Patienten im Jetzt einen Sinn gäbe, als gut zu bezeichnen. Deswegen müsse man für Betroffene Situationen schaffen, die jetzt von Sinn seien. Man solle sich berühren lassen von dem, was da passiert, dies bringe einen in Kontakt mit einer Lebendigkeit.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort