Abschied zwischen Wehmut und Witz

Marpingen · Stehend haben die Gäste der Abschiedsfeier applaudiert, nachdem sich der scheidende Bürgermeister mit einer ganz persönlichen, bewegenden Rede an die Zuhörer gewandt hatte. Tief berührt zeigte sich Laub.

 Herzlich lachen: Werner Laub (links) und Frau Gertrud amüsieren sich mit Volker Weber prächtig über die Pointen der Redner während der Abschiedsfeier in der Marpinger Gemeinschaftsschule.

Herzlich lachen: Werner Laub (links) und Frau Gertrud amüsieren sich mit Volker Weber prächtig über die Pointen der Redner während der Abschiedsfeier in der Marpinger Gemeinschaftsschule.

Die Gästeliste war lang. Offizielle wie Private, die während der 26 Jahre Werner Laub (SPD ) bei seiner politischen Laufbahn als Verwaltungschef der Gemeinde Marpingen begleitet hatten, waren am Freitag in die Gemeinschaftsschule gekommen. Ein feierlicher Abschied mit allem, was dazugehört. Von festlichen Tönen der Musikgemeinschaft Alsweiler-Marpingen sowie solistischen Gesangsbeiträgen bis hin zu Ansprachen. Die allerdings hatten es in sich: Witz und Esprit statt steifer Töne.

Bekannt für wenig bierernste Reden: Anke Rehlinger (SPD ). Vize-Ministerpräsidentin und Laubs Parteikollegin war um die Festrede zu Ehren des dienstältesten Rathauschefs im Saarland gebeten worden. Bewusst dessen, wie gewitzt forsch Rehlinger am Mikro auftreten kann, gab ihr Laub beim Gang zum Rednerpodest zu verstehen: "Schick' Dich!" Was sie tat - so gut es in ihrer Macht stand. Gleich zu Beginn ließ sie ohne Umschweife wissen: "Alt-Bürgermeister - an den Namen musst Du Dich gewöhnen." Und legte mit Anspielung auf dessen neues Nasenfahrrad nach: "Hast Dir eine Brille zugelegt, um den Durchblick zu behalten." Rehlinger alberte aber nicht nur. In ihrer launigen Rede hob sie die "große Anerkennung" hervor, die "umfassend nicht zu würdigen" sei. Insbesondere sein Umgang mit den Marienerscheinungen 1999 stellten ein Alleinstellungsmerkmal dar. Denn: "Dafür gibt es kein Lehrbuch." Fingerspitzengefühl und Menschenkenntnis prägten seine Arbeit. Die Landespolitikerin nannte persönliche Gemeinsamkeiten wie das Interesse am Sport - und, was wieder für Lacher sorgte: deren beider Patenschaft für das Breitblättrige Knabenkraut. Laub herzte im Anschluss seine Laudatorin und flüsterte ihr ins Ohr: "Hast Dich geschickt."

St. Wendels Landrat Udo Recktenwald (CDU ) knüpfte ebenso an die Marienerscheinungen an, erklärte süffisant: "Nach Marpingen kommt man nicht, in Marpingen erscheint man." Mit nötigem Ernst wies der Marpinger auf die "professionelle, konstruktive Zusammenarbeit" mit Laub hin. Um dann zu dessen Nachfolger Volker Weber (SPD ) überzugehen. Seine bisherige Arbeit im Kreistag schätze er. Nun stehe ein neuer Abschnitt an. Womöglich könne er sich mit dem Thema Stadtwerdung befassen, das dann nicht zum ersten Mal auf der Agenda stehen würde.

An Laubs Zornesröte infolge heftiger Diskussionen im Gemeinderat erinnerte CDU-Fraktionschef Peter Keßler. Dies habe dazu geführt, dass Weber der Rauswurf aus der Sitzung drohte. Ein schelmisch dreinblickender Keßler: "Ich stand auch auf der Liste." Trotz emotional geführter Debatten, die zeitweise zu unrecht ein schlechtes Licht auf den Rat geworfen hätten, ist Keßler überzeugt, das persönlich gute Verhältnis zu Weber zu erhalten.

Von "vorbildlichem Stil" Laubs sprach SPD-Kreisvorsitzender Magnus Jung . Dem derzeit jüngsten Saar-Bürgermeister Weber sicherte er zu: "Wir werden Dich mit allen Kräften unterstützen." Es war sein letzter Auftritt als Marpinger Bürgermeister. Gefasst stand er im dunklen Festtagsanzug am Rednerpult. Routiniert. Vor sich das Manuskript in Stichworten. Äußerlich alles so, wie er die vergangenen knapp drei Jahrzehnte in schweren wie erfolgreichen Stunden seine Rolle als Politiker in der Öffentlichkeit in der Regel gemeistert hat.

Doch an diesem Abend versagte ihm fast die Stimme. Werner Laub unternahm auch kaum den Versuch, die ihn übermannenden Gefühle unter Verschluss zu halten. Denn es war schließlich ein endgültiger Abschied vom höchsten Repräsentantenamt in seiner Heimat, in seiner "geliebten Gemeinde", wie er an diesem Abend abermals versicherte.

"Es fällt mir nicht ganz leicht", sagte der scheidende Rathauschef. Angesichts seiner Worte, die zitternd den Saal erfüllten, schien dies dann doch ein wenig untertrieben. Er gestand unumwunden, wehmütig zu sein. Laub sprach von der jetzt eintretenden Zäsur in seinem Leben: "Jetzt weiß ich, was die Stunde geschlagen hat."

Ohne die Unterstützung des Gemeinderates, der Verwaltungsangestellten, politischer Weggefährten, der Kreis- und Landesgremien und nicht zuletzt aus der Bevölkerung hätte er seine Arbeit nicht bewältigen können. "Es ist das Verdienst einer Zusammenarbeit", unterstrich er. Und "das hat mir Spaß gemacht". Sicherlich sei solch ein Job "nicht ganz einfach. Ich konnte nicht immer alles tun, aber ich habe immer versucht, mein Bestes zu tun".

So auch 1994: Damals hatte der saarländische Innenminister die Gemeinderatswahl in Marpingen für ungültig erklärt und das Gremium aufgelöst. Das bedeutete: Laub war auf einmal Rathauschef und zum alleinigen Gemeinderat berufen. Das Dilemma, in dem er steckte: Um Fristen wichtiger Entscheidungen zu wahren, habe er noch vor einer Neuwahl den Gemeinderat, also sich selbst, einberufen. Was ihm in den Medien den spöttischen Beinamen "Das doppelte Läubchen" eingebracht habe. Was die Gäste an diesem Abend zum Lachen brachte und worüber Laub selbst mittlerweile schmunzeln könne, habe ihn damals sehr gekränkt.

Ihm sei vor Langeweile im Ruhestand nicht bange. Sollte dieser kaum vorstellbare Zustand dennoch eintreten, gab's da ja noch die Marienerscheinungen 1999, über "die ich dann vielleicht ein Buch schreiben kann", witzelte Laub, womit er diesen Gedanken sogleich wieder ad absurdum führte.

Väterlich-freundschaftlich an Volker Weber (32) gerichtet, sagte der 67-jährige Laub: "Es war mir ein wichtiges Anliegen, dass Volker mein Nachfolger wird." Die beiden kennen sich seit langer Zeit, Laubs Sohn Eric und der jetzt neue Bürgermeister drückten gemeinsam die Schulbank. Außerdem sind Laub und Weber sozialdemokratische Weggefährten.

Übrigens: Im Herbst 1990, als Laub sein Bürgermeisteramt antrat, begann für Weber ebenfalls ein neuer Lebensabschnitt: Er wechselte vom Kindergarten in die Grundschule. Diese Randnotiz des Alt-Bürgermeisters sorgte für spitzbübische Erheiterung im Saal.

Und dieser Grundschüler von damals wird nun Bürgermeister. Das bedeutet: "Laub geht, aber der Baum steht." Damit verwies der scheidende Mann an der Verwaltungsspitze auf das von ihm geprägte Sinnbild seiner Kommune: So symbolisiere es mit den Anfangsbuchstaben die vier Ortsteile Berschweiler, Alsweiler, Urexweiler, Marpingen . "Die Menschen standen immer im Mittelpunkt, nicht das Geld, nicht das Denkmal."

 Peter Keßler thematisierte seinen und Webers Fast-Rausschmiss aus dem Gemeinderat.

Peter Keßler thematisierte seinen und Webers Fast-Rausschmiss aus dem Gemeinderat.

 Udo Recktenwald pointierte süffisant die Amtszeit des Marpinger Bürgermeisters.

Udo Recktenwald pointierte süffisant die Amtszeit des Marpinger Bürgermeisters.

 Nicht auf den Mund gefallen: Anke Rehlinger scherzte unentwegt während der Laudatio.

Nicht auf den Mund gefallen: Anke Rehlinger scherzte unentwegt während der Laudatio.

 Werner Laub verabschiedet sich am Ende seiner Rede. Der scheidende Marpinger Bürgermeister ist sichtlich bewegt. Fotos: Bonenberger & Klos

Werner Laub verabschiedet sich am Ende seiner Rede. Der scheidende Marpinger Bürgermeister ist sichtlich bewegt. Fotos: Bonenberger & Klos

Das Auditorium verabschiedete Laub stehend und mit aufbrausendem Applaus.

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