Schönes, knorriges Oberesch

Oberesch. Samstagnachmittag: Vor jedem Haus sind Kullang und Powai, wie die Oberescher Rinne und gepflasterten Platz vor ihren Häusern in Anlehnung ans französische couler (fließen) und pavé (Pflasterstein) nennen, gekehrt. Man sieht kaum jemand. Drei Kinder spielen am Dorfbrunnen, wo einst Vieh zur Tränke ging

 Dominik, Niklas und Selina (von links) spielen am Dorfbrunnen in Oberesch, wo früher das Vieh zur Tränke ging. Foto: Gerhard Alt

Dominik, Niklas und Selina (von links) spielen am Dorfbrunnen in Oberesch, wo früher das Vieh zur Tränke ging. Foto: Gerhard Alt

Oberesch. Samstagnachmittag: Vor jedem Haus sind Kullang und Powai, wie die Oberescher Rinne und gepflasterten Platz vor ihren Häusern in Anlehnung ans französische couler (fließen) und pavé (Pflasterstein) nennen, gekehrt. Man sieht kaum jemand. Drei Kinder spielen am Dorfbrunnen, wo einst Vieh zur Tränke ging. Zwei Motorradfahrer aus Frankreich, die in einer der beiden Gaststätten Rast gemacht haben, düsen Richtung Saartal weiter. Dann ist Stille. Befahren ist nur die Durchgangsstraße. Seit Jahren bemühen sich die Lokalpolitiker vergebens um einen Zebrastreifen, wegen der Kinder, die mit dem Schulbus fahren. Die Ställe der Bauernhäuser beherbergen keine Rinder mehr, keine Schweine. Wo der Hahn auf dem Mist krähte, wachsen Blumen, stehen Autos. Es gibt (außer zwei Aussiedlerhöfen) noch einen einzigen Landwirt - im Nebenerwerb. Nutzgärten sieht man öfter. Fast jeder hat Obstbäume. Oberesch liegt quasi in einer einzigen großen Streuobstwiese. Vor vielen Häusern stehen Nussbäume. Restauriert, aber nicht zu sehrEin stolzer Quittenbaum voller Früchte markiert den längst geschlossenen Dorfladen, wo man die Bonbons noch einzeln kaufen konnte für einen oder einen halben Pfennig. Das Haus hat eine Luxemburgerin restauriert. Es gibt kaum Leerstand. Der Ort hat seinen Charakter bewahrt, er ist nicht zu hübsch, nicht zu picobello geworden. Die Kinder spielen nicht nur auf dem Spielplatz. Die Bauernhäuser sind meist stilvoll restauriert. Saarlouiser und Saarbrücker haben einige zum Ruhesitz umgebaut. Jedoch kippt der Trend: Ältere suchen sich Wohnungen in der Stadt, wo sie alles in der Nähe haben, verlassen das Land. Die Häuser sind meist seit Generationen in Familienbesitz. Am Samstag fallen Luxemburger Autokennzeichen auf vor Häusern, in denen gearbeitet wird. "Oberesch hat 300 bis 310 Einwohner. Das ist seit 100 Jahren so", sagt Ortsvorsteher Werner Brettnacher, 57. Er möchte ein paar neue Baugrundstücke erschließen, als Arrondierung am Ortsausgang Richtung Biringen. Brettnacher kennt wie jeder Oberscher jeden, fährt wie viele nach Dillingen zur Arbeit und nach Siersburg und Saarlouis zum Einkaufen, lässt sich von einem Bäckerauto beliefern. "Früher haben wir an jeder Tür eine Bank gehabt. Da haben die Leute mehr miteinander geredet und nicht so viel Fernsehen geguckt." In den Vereinen kommen Jung und Alt zusammen. Tritt der Theaterverein auf, ist das Dorfgemeinschaftshaus zwei oder drei Abende nacheinander voll besetzt. Brettnacher kegelt in dem deutsch-französischen Kegelclub, der durch die Jumelage (seit 1990) mit dem lothringischen Schwerdorff entstand. Zwischen diesen Dörfern war die Grenze schon vor dem Schengen-Abkommen kein Hindernis mehr

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