Wir kauen nicht mehr gern

Saarbrücken · SZ-Redakteurin Michèle Hartmann will bewusster essen.

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Foto: Robby Lorenz

Die Zähne sind noch alle im ,,Esszimmer", es fehlt ihnen an nichts. Und doch wird man immer ,,stracker". Strack steht hier für faul (und nicht für übermäßig alkoholisiert). Ob Apfel oder Birne - man kaut nicht mehr gern. Früher, als wir Kinder die Obstschale umschifften, als handele es sich um ein ekliges Insekt, drohte unsere Mutter immer mal wieder mit den Worten: ,,Ihr kriegt Skorbut." Das ist eine Krankheit, die zutage tritt, wenn man kein Vitamin C zu sich nimmt. Seeleute hatten in grauer Vorzeit damit zu kämpfen, wenn sie monatelang auf dem Schiff verbrachten und nicht auf frische Früchte zurückgreifen konnten. Ihnen fielen alle Zähne aus. Was wiederum ganz praktisch ist, man braucht nicht mehr zu kauen. Inzwischen haben die ,,Smoothies" diese menschliche Anstrengung ersetzt. Der dumm-doofe Anglizismus steht für gemixte Früchte, die man bloß noch kaufen und trinken muss. Angeblich ist alles drin, was man für eine gesunde Ernährung benötigt. Wenn ich dienstags und freitags aus dem Fenster schaue, sehe ich auf dem Marktplatz den Obst- und Gemüsestand. In vielen Farben lacht die frische Ware den Kunden an. Und weil ich auf industrielle Versprechen nicht vertraue, werde ich mich wieder aufs Kauen besinnen. Fangen wir doch ganz klein an: Auf dem Schreibtisch liegen fünf Zwetschgen , eine von ihnen ist schon verspeist. Es geht also mächtig los - mit dem Anti- Strackheitsprogramm.

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