„Wir sind für dich da“

Neunkirchen · Er hat einen Job, der ihm Spaß macht, Kinder, eine liebende Freundin, die Hochzeit ist geplant. Dann erleidet der Neunkircher Sascha Stein in einem Freibad einen Schlaganfall, stürzt und bricht sich das Genick.

 Halten auch in schweren Zeiten zusammen: Michaela Lessinger, Sascha Stein und Hündin Ronja.

Halten auch in schweren Zeiten zusammen: Michaela Lessinger, Sascha Stein und Hündin Ronja.

Foto: Thomas Seeber

Er hört gerne Musik, im Fernsehen sieht er sich oft Dokumentationen an oder lacht über Familie Heinz Becker. Seine Arbeit erfüllt ihn, der Chef hat gerade einen festen Vertrag versprochen. In seiner Freizeit spielt er Fußball, im Verein ist er der linke Außenverteidiger. Er hat eine Frau an seiner Seite, mit der er sich gerade verlobt hat. "Meine Kinder sind mein ein und alles", schreibt er über sich.

Der 4. Juli 2015. An diesen Tag erinnert er sich noch heute, an den "Drecksscheiß-Tag", wie er ihn nennt. Der damals 37-Jährige steht oben auf der Rutsche in einem Freibad, plötzlich durchzuckt es ihn. "Das ist wie wenn dir jemand mit dem Hammer auf den Kopf haut." So beschreibt er seinen Schlaganfall. Er sackt ab, stürzt mit dem Hinterkopf auf eine Stange, gelangt die Rutsche hinab, wie, weiß er nicht mehr. Seine Verlobte sitzt draußen auf der Decke, als die Kinder angelaufen kommen. Die damals 35-Jährige sagt heute: "Ich habe sofort gewusst, dass etwas passiert ist." Sie erzählt das, woran er sich nicht erinnern kann. Fast eine Stunde lang hat ihn der Bademeister reanimiert. Erst dann kommt der Notarzt. Von dort geht es sofort in die Klinik nach Homburg. Sie erzählt: "Die Kinder haben geschrien und geweint." Genau 21.30 Uhr ist er aus dem OP-Saal raus. Dann erfährt die Familie die Diagnose: Genickbruch zwischen dem dritten und vierten Halswirbel. Kurz nach der Operation folgt der nächste Schlaganfall. Er bleibt zehn Tage in Homburg, dann geht es weiter nach Heidelberg. Vier Monate ist er dort auf der Intensivstation. Dabei sagt er doch: "Ich hasse Krankenhäuser." Nach insgesamt zehn Monaten kommt er in eine dritte Klinik, nach Karlsbrunn. Dort schaffen es die Ärzte, dass er wieder alleine atmen kann.

Seit Juni lebt er wieder zu Hause in Neunkirchen . Er sagt: "Das Schlimmste ist, dass ich kein Fußball mehr mit den Kindern spielen kann, sie nicht mehr in den Arm nehmen kann." Nur Küsschen gehen.

Ansonsten liegt er im Bett und sieht fern: Dokumentationen über die Nasa oder über Ufos und alle Spiele seines Lieblingsvereins Bayern München. Neben seinem Bett steht eine Schale mit bunten Pillen. "Wir haben viele Medikamente abgesetzt", sagt die Verlobte. Er sagt: "Seitdem wacht der Körper auf." In den Händen spürt er ein Kribbeln: "Ich kann schon mit der Schulter wackeln." Beide lachen. Doch Lachen, Kribbeln und Wackeln ist manchmal nicht genug. Sie sagt: "Ich reiche ihm immer das Essen" und meint damit noch vieles andere mehr. Ein paar Stunden kann sie ihn alleine lassen, länger nicht. Immer wieder schläft sie auf der Couch. Er sagt, wie dankbar er ist. Sie streicht ihm durchs Haar: "Wir sind für dich da."

Doch auch permanentes Dasein ist manchmal nicht genug. Die beiden müssen einen Transporter kaufen und ihn einrichten. Der Zuschuss der Krankenkasse reicht dafür nicht aus. Den Transporter brauchen sie, damit sie ihn zu den Ärzten fahren kann. Außerdem will er seine Freunde im Fußballverein besuchen. Sie haben für ihn gesammelt und er hat ihnen noch nicht einmal Danke sagen können. Und dann ist da noch etwas. Auf eine Sache warten die beiden seit langem: Sie wollen endlich heiraten.

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Auf einen Blick Sascha Stein ist nach einem Badeunfall im Sommer vorigen Jahres von der Schulter abwärts gelähmt. Gemeinsam mit seiner Verlobten Michaela Lessinger und deren Sohn lebt der 39-Jährige in Neunkirchen . Die 37-jährige Lessinger kümmert sich rund um die Uhr um ihren Verlobten. Hilfe gab es schon mal von Steins Fußballverein SV Blickweiler, der eine Benefizveranstaltung zu Gunsten seines Abwehrspielers organisiert hatte. Nun sammelt die gemeinnützige Initiative "Hilfe für Einzelschicksale international" mit Sitz in Dillingen für Stein. Spenden gehen auf das vereinseigene Konto bei der Kreissparkasse Saarlouis, IBAN: DE44593501100224507772 / BIC: KRSADE55, Stichwort: Sascha Stein. Spendenquittungen können bei Angabe der Adresse ausgestellt werden. rob

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