Sofort in die Dorfgemeinschaft eingebunden

Orscholz · Erfolgreich integriert in Orscholz ist der Syrer Nidal Al-Hamad. Gleich waren er und seine Frau in das Dorfleben eingebunden. Mit dazu beigetragen hat auch, dass sich der Syrer im Löschbezirk Orscholz engagiert.

 Der Syrer Nidal Al-Hamad (Mitte) engagiert sich im Löschbezirk Orscholz. Foto: Georg Flesch

Der Syrer Nidal Al-Hamad (Mitte) engagiert sich im Löschbezirk Orscholz. Foto: Georg Flesch

Foto: Georg Flesch

Pikante und würzige Salate, leckere Fleischbällchen, apart gefüllte Blätterteigteilchen, leckere Cantuccino und, und, und: Das Treffen von Orscholzern und Syrern im Dietzenhaus wird zu einer kulinarischen Reise. Die Idee zu der Tour durch die Küche verschiedener Nationen hatte der ehemalige Ortsvorsteher Hermann Kiefer. Zwei Fliegen mit einer Klappe hat er mit diesem Begegnungsfest geschlagen: ein Willkommen an die Neulinge im Ort und ein Dankeschön an die Syrer, die sich ehrenamtlich bei der Freilegung der Höckerlinie beteiligt haben. "Die Syrer stellen uns ein paar ihrer Spezialitäten vor, wir sorgen für die Getränke" - eine Aufforderung, die Nidal Al-Hamad seinen Landsleuten nur zu gerne übermittelt hat. Jahrzehnte war sein Haus in der Straße Zur Großwies Adresse für Einheimische und Touristen - leckere Menüs und Trainingsmöglichkeiten auf einer Kegelbahn eingeschlossen. Nach jahrelanger Odyssee war das Restaurant "Zum Kaltenborn" für den promovierten Naturwissenschaftler und Diplom-Geologen und Ehefrau Karin zur Heimat geworden, ein Refugium, das das Ehepaar mittlerweile zu einer gemütlichen Wohnung umgebaut hat. "Da Nidal keine Arbeit fand, haben wir uns mit Kochen über Wasser gehalten", verrät Karin Al-Hamad, die ihren Mann während seines Studiums in Freiberg in der ehemaligen DDR kennen gelernt hatte.

"Lange Zeit hatte mein Heimatland zur Sowjetunion gute Beziehungen", erzählt der gebürtige Syrer. Diese habe kurz nach dem Zweiten Weltkrieg begonnen, als das Land von Frankreich unabhängig geworden und noch sehr instabil war. Mit der Machtübernahme der Baath-Partei 1963, bei der Hafiz al-Assad , der Vater des jetzigen Präsidenten Baschar eine wichtige Rolle spielte, kam nach Worten von Al-Hamad in Syrien eine sozialistische Partei an die Macht - ein Verbündeter für die UdSSR. Durch die guten Beziehungen seines Vaterlandes mit der ehemaligen UdSSR sei ihm, Mitglied der Baath-Partei, ein Studium Ende der 70er Jahre in dem befreundeten Staat ermöglicht worden - ebenso wie in der DDR.

"Schon 1987 habe ich geahnt, dass in meinem Heimatland Flüsse von Blut fließen werden", verrät Al Hamad. Wie korrupt das System schon unter Hafiz al-Assad , dem Vater des jetzigen Machthabers Baschar war, hat er nach seinem Bekunden ab 1984 erfahren, als er seinen Militärdienst begann. "Nicht der Vater, Hafiz al-Assad , sollte meine Landsleute ermorden, sondern sein Sohn Baschar al-Assad ." Und so sei es auch gekommen, verrät der Mann. "Meine Brüder, die in der Nähe von Damaskus leben, haben mehrmals Morddrohungen erhalten", sagt der promovierte Naturwissenschaftler , der in der damaligen DDR ein Studium der Geowissenschaften nachschob. "1978 war ich für meine Doktorarbeit nach Leipzig gekommen."

Die Möglichkeit für einen Ausländer aus einem befreundeten Land in dem damaligen totalitären Staat zu studieren, war nach seinem Bekunden nur unter Einschränkungen gegeben. Eine Arbeit zu erhalten oder gar mit einer DDR-Bürgerin, wie seiner jetzigen Frau Karin, eine Familie zu gründen, erschien den damaligen Machthabern undenkbar. "Denn Kontakte zu Einheimischen waren streng reglementiert. Viele von uns Studenten fühlten sich von den Deutschen bevormundet und beobachtet - überwacht vom Staatssicherheitsdienst." Für kurze Zeit durfte er in einem Betrieb anheuern - allerdings nur als freier Mitarbeiter. Als 1985 Sohn Alexander auf die Welt kam, wollten die Behörden einen Keil zwischen das junge Ehepaar treiben. Doch sie stießen auf Granit.

1987 musste er wegen Behördenwillkür in einem Internierungslager einsitzen. 1988 dann packte die junge Familie ihre Sachen, reiste in Al Hamads Heimat Syrien, von dort in die Bundesrepublik. Heute sind sie nach ihrem Bekunden glücklich über ihren Entschluss, in Orscholz die Gastwirtschaft eröffnet zu haben. Denn auf dem Berg, so sagen sie, waren sie sofort in die Dorfgemeinschaft eingebunden und haben viele Freunde gefunden.

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