Seltene Ehre im Handwerk

Wittersheim · 60 Jahre war Alfons Hermsen als Müllermeister tätig, dafür bekam er von der saarländischen Handwerkskammer den Diamantenen Meisterbrief. Bis zu seinem 79. Lebensjahr hat der Geehrte in der Breitfurter Bliesmühle gearbeitet.

 Alfons Hermsen zeigt seinen Diamantenen Meisterbrief als Müller. An der Wand ist ein Bild der Familienmühle in Versen, wo er bis zu deren Schließung im Jahre 1957 gearbeitet hat. Foto: Wolfgang Degott

Alfons Hermsen zeigt seinen Diamantenen Meisterbrief als Müller. An der Wand ist ein Bild der Familienmühle in Versen, wo er bis zu deren Schließung im Jahre 1957 gearbeitet hat. Foto: Wolfgang Degott

Foto: Wolfgang Degott

Durch eine Stellenanzeige in der Müller-Zeitung wurde Alfons Hermsen aus Versen in Niedersachsen auf die Wittersheimer Mühle Hamm aufmerksam, wurde dort auch gleich eingestellt. Der heute 82-Jährige erinnert sich gut an den 17. Juni 1957. "Ich bin damals mit dem Zug bis nach Saarhölzbach gefahren. Dort musste ich umsteigen. Hab mir vor der Weiterfahrt ein Paar Schuhe gekauft, die ich dann auch noch verzollen musste." Saarbrücken und dann mit der Straßenbahn nach Ormesheim waren seine nächsten Stationen.

Im Gasthaus Niederländer fragte er nach dem Weg und traf einen hilfsbereiten Einheimischen, der ihn mit seinem Auto zur neuen Arbeitsstätte brachte. Dort kam er gegen 22 Uhr an. "Ich habe ihn nie mehr wieder gesehen", bedauert Hermsen. Maria und Andreas Hamm empfingen ihren neuen Müllermeister warmherzig. "Ich fühlte mich sofort wohl und verlebte danach meine schönste Zeit als Müllermeister." 1971 zog es ihn in die wenige Kilometer entfernte Breitfurter Bliesmühle.

In der Mühle aufgewachsen

Zwischenzeitlich hatte er Irmgard Quack kennen und lieben gelernt. Beide heirateten 1960 und bekamen drei Töchter und einen Sohn. Heute sind die beiden Großeltern von fünf Enkeln. Hermsen war das älteste von sieben Geschwistern, die in der kleinen familieneigenen Windmühle groß wurden. Die Schrotmühle, die seit 1932 bestand, 1939 umgebaut und 1957 stillgelegt wurde, war der Auslöser, das Handwerk des Müllers zu ergreifen.

Am 1. April 1948 begann Hermsen seine Lehre in der 40-Tonnen-Helmeter-Mühle in Rheine. Nach bestandener Gesellenprüfung wechselte er für drei Jahre in den heimischen Betrieb, um dann die Meisterschule im Hamburger Stadtteil Wandsbek zu besuchen. Als jüngster Müller in Niedersachsen erhielt er im Alter von 21 Jahren am 24. Juni 1955 von der Handwerkskammer Osnabrück den Meisterbrief. Getreu dem bekannten Lied "Das Wandern ist des Müllers Lust" begab er sich wie viele seiner Berufsgenossen auf die Walz.

Er erlebte zwischen 1955 und 1957 viele Betriebe im Rheinland, rund um Köln. Als einer von 35 Mitarbeitern begann 1971 seine "Laufbahn" in der Bliesmühle. Unter Obermüller Georg Dinkel arbeiteten damals vier Müller. Bis zu seinem 79. Lebensjahr führte Hermsens täglicher Arbeitsweg vom Mandelbachtal ins Bliestal. Lange Jahre arbeitete er im Außendienst. Er war mit seiner Fachkompetenz und seiner kommunikativen, liebeswürdigen Art ein gerngesehener Gast in den vielen Bäckereien der Region, aber auch im übrigen Saarland und weiten Teilen der benachbarten Pfalz. Ende 2014 ging er in Rente, wurde von Andrea und Susanne Juchem, den Geschäftsführerinnen der Juchem-Gruppe, zu der die Mühle an der Blies mittlerweile gehörte, verabschiedet. Losgelassen hat ihn die Arbeit aber noch nicht ganz.

Zweites Standbein aufgebaut

Immer noch besucht er seinen ehemaligen Brötchengeber. Als ihm vor Wochen in der Saarbrücker Handwerkskammer der Diamantene Meisterbrief überreicht wurde, war er der erste saarländische Müller, der dies erreicht hatte. Neben seinem ausgefüllten Berufsleben baute sich Hermsen mit seiner Familie seit den 1960er Jahren ein zweites Standbein in der Landwirtschaft auf. Er bewirtschaftete bis zu 100 Hektar, wurde zum größten Bauern des Mandelbach-Ortes und betrieb gemeinsam mit Sohn Bernhard einen Schweinemastbetrieb.

Auch ist die Frohnatur und langjährige Förderer im saarpfälzischen Kammerchor in vielen Vereinen seines Heimatdorfes aktiv dabei.

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