Türkisches Fest abgebrochen

Homburg · Es begann alles ganz friedlich: Auch nach dem Putschversuch in der Türkei lief das deutsch-türkische Festival in Homburg zunächst weiter. Bis am Samstagabend, dann musste die Polizei streitende Gruppierungen voneinander trennen.

 Pakize Ulucay vom Verein Saarkult und ihre Tochter Cennet ließen sich von den schlimmen Nachrichten aus der Türkei nicht beirren. Foto: Sebastian Dingler

Pakize Ulucay vom Verein Saarkult und ihre Tochter Cennet ließen sich von den schlimmen Nachrichten aus der Türkei nicht beirren. Foto: Sebastian Dingler

Foto: Sebastian Dingler

Ein friedliches Fest mit ungetrübter Freude hätte es sein sollen, das dreitägige Türkei-Festival auf dem Christian-Weber-Platz. Doch dann kamen praktisch mit Beginn der Feier die schockierenden Nachrichten aus der Türkei vom dortigen Militärputsch. Das bewegte sowohl die Homburger Veranstalter als auch viele türkischstämmige Besucher. Zunächst wurde über einen Abbruch diskutiert; doch entschied man sich, das Festival weiterlaufen zu lassen. Am Samstagabend dann aber doch die Entscheidung: Die Veranstaltung wird abgebrochen, die Teilnehmer müssen ihre Stände abbauen.

Was war passiert? Nach einem friedlichen Verlauf über den Tag hin, kam es am Samstag gegen 21.30 Uhr zu vereinzelten Unmutsäußerungen durch Festbesucher und Passanten. Nach Auskunft der Polizei Homburg wurde sinngemäß das Unverständnis zum Ausdruck gebracht, wie man ein "türkisches Fest feiern könne, während in der Türkei Menschen sterben und schwer verletzt würden". Die zunächst vereinzelt vorgetragenen Unmutsäußerungen hätten sich im weiteren Verlauf in Diskussionen zwischen Festbesuchern und einer nun größer werdenden Anzahl von Festkritikern gesteigert. Hierbei kam es laut Polizeiangaben unter anderem auch zu einer Sachbeschädigung auf dem Veranstaltungsgelände. Nachdem sich die Situation im Rahmen der Diskussion derart verbal aufgeheizt habe, sei die Polizei eingeschritten, um die streitenden Gruppen vor Ort zu trennen. Aufgrund der Geschehnisse und unter dem Eindruck der Diskussion entschied sich der Veranstalter, das Fest abzubrechen und am Sonntag nicht mehr fortzuführen, teilte die Polizeiinspektion weiter mit.

Homburgs Bürgermeister Klaus Roth war gestern die Enttäuschung anzumerken. Auf Nachfrage unserer Zeitung sagte er: "Die Stadt bedauert, dass ein Fest, das ursprünglich dazu dienen sollte, die unterschiedlichsten Kulturen zusammenzubringen, wegen Meinungsverschiedenheiten unterschiedlich politisch argumentierender Gruppierungen abgebrochen werden muss. Das ist sehr schade."

Bis zu den Vorkommnissen am Samstagabend wurde die Türkei in Homburg als vielfältiges Land mit unterschiedlicher Ess- und Musikkultur präsentiert, zum fünften Mal bereits von den türkisch geprägten Vereinen Prisma und Saarkult. Über die Vorgänge in der Türkei ab dem späten Freitagabend mochte Nermin Kürtün, die Vorsitzende von Saarkult, eigentlich gar nicht sprechen. Dann sagte sie doch, dass Militärputsche das Land in der Vergangenheit immer mehrere Jahre zurückgeworfen hätten, das könne sie also auf keinen Fall befürworten. Als die Organisatorin die ersten Nachrichten am Freitagabend mitbekommen hätten, sei das für sie ein Schock gewesen. Aber: "Im Endeffekt können wir hier ja nichts ändern." Prisma ist ein Verein, der in Homburg ein Lernzentrum betreibt.

Zum eigentlichen Fest: Hakan Bulut hatte das Bühnenprogramm mitorganisiert; bei einer Band sang er sogar mit. Mit Metin Haboglu und Ümit Selim konnten die Veranstalter zwei türkische Stars verpflichten, erzählte der im Donnersbergkreis Aufgewachsene, der sich selbst mehr als Pfälzer denn als Türke betrachtet. Seit mehr als 20 Jahren gibt er Migrantenkindern Nachhilfe, außerdem engagiert er sich seit langem ("ich war einer der Ersten") in der SPD . Sein großer Wunsch sei es, dass sich die Türkei nicht von der Demokratie abwendet. Veranstaltungen wie das Türkeifestival seien im Übrigen sehr gut für den kulturellen Austausch beider Länder, erklärte Bulut.

Beim Essensangebot von Saarkult wirkte auch Pakize Ulucay mit, die in der Homburger Stadtmitte ein Geschäft betreibt. Eigentlich hatte sie vor, noch am Wochenende in die Türkei zu reisen, doch derzeit sei sie einfach nur schockiert. Sie wünsche sich eine Welt im Frieden, in der jeder den anderen akzeptiere, wie er ist. "Wir sind sehr traurig. Die Türkei hat sowieso schon so viele Probleme", beklagte sie.

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