Signal der Versöhnung

Berlin · Lange hat Horst Seehofer gegen die Flüchtlingspolitik der Kanzlerin geätzt. Zuletzt wurden die Töne versöhnlicher. Nun gibt es einen entscheidenden Satz des CSU-Vorsitzenden.

 Horst Seehofer stellt nun Gemeinsamkeiten mit Kanzlerin Angela Merkel heraus. Foto: dpa

Horst Seehofer stellt nun Gemeinsamkeiten mit Kanzlerin Angela Merkel heraus. Foto: dpa

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Jetz t hat er es endlich gesagt. "Wir sind uns in den letzten Wochen in vielen Punkten näher gekommen", beginnt Horst Seehofer eher harmlos. Eine solche Lagebeschreibung war nach den Monaten des erbitterten Streits mit Angela Merkel über deren Kurs in der Flüchtlingspolitik jüngst immer mal wieder zu hören. Doch mit den nächsten Worten beendet der CSU-Chef dann quasi öffentlich die Auseinandersetzung mit der Kanzlerin über die von ihm so unnachgiebig verlangte Obergrenze von 200 000 Flüchtlingen: "Wenn es in einem (Punkt) weiter Differenzen gibt, dann können wir das aushalten." Seehofer braucht für das Signal der Klärung zwei Sätze. Er wählt für die an Merkel, die CDU und das eigene Parteivolk gerichtete Botschaft das Magazin "Der Spiegel". Das garantiert die gewünschte breite Öffentlichke it.

Zeitweise sah es so aus, als könnte der Streit Seehofers mit Merkel die Union zerreißen. Nachdem die CDU-Vorsitzende die Worte "Wir schaffen das" im Sommer 2015 zum Motto ihrer Flüchtlingspolitik gemacht hatte, schien die Einheit der Unionsgranden zerstört. Nahezu wöchentlich distanzierte sich Seehofer von Merkel. Sie wiederholte ihren umstrittenen Satz, ihn trieb das zur Weißglut.

Immer heftiger attackierte der CSU-Chef die Vorsitzende der Schwesterpartei. Am 10. Februar gab es einen Höhepunkt, als er ihr in der "Passauer Neuen Presse" die "Herrschaft des Unrechts" vorwarf. Doch irgendwann war klar: Will die Union die Bundestagswahl im Herbst 2017 nicht verlieren, müssen sich Seehofer und Merkel wieder zusammenraufen. Auch für diesen Prozess nutzen beide nun Interviews.

E s ist ein mühsames Pingpong der Entspannung. Dazu gehören Äußerungen der Kanzlerin wie die in der "Wirtschaftswoche" am Tag vor der krachend verlorenen Berliner Abgeordnetenhauswahl Mitte September. Ihr "Wir schaffen das" sei "zu einer Art schlichtem Motto, fast zu einer Leerformel" geworden, sagt sie da. Am liebsten würde sie den Satz kaum noch wiederholen .

Und nun also der Satz im "Spiegel", der wohl den Kurs der nächsten Wochen vorgibt und so etwas wie ein Startschuss in Monate der Versöhnung sein könnte. In den nächsten Wochen stehen aber etliche Termine fest, bei denen sich CSU und CDU nach dem Zoff des vergangenen Jahres inhaltlich weiter näherkommen können. So wird am 2. November in Bonn über Bevölkerungsentwicklung und Migration diskutiert, am 7. November dann in Berlin über innere und äußere Sicherheit. Am 20. November kommt der CDU-Vorstand zusammen, um den Leitantrag für den Parteitag in Essen zu diskutieren. Für Merkel könnte die zweitägige Klausur eine willkommene Gelegenheit sein, öffentlich ihre erneute Kandidatur für den Parteivorsitz anzukündigen. Der stellvertretende CSU-Vorsitzende Manfred Weber . Im "Spiegel" legt er sich schon mal fest, wie er dazu steht: "Wenn Angela Merkel wieder als Kanzlerin kandidieren will, hat sie die Unterstützung der CSU . Angela Merkel ist unsere Kandidatin." Webers Sätze haben Gewicht: Der Mann gilt als Vertrauter Seehofers.

Meinung:

Siegen kann nur eine echte Union

Von SZ-Redakteur Volker Meyer zu Tittingdorf

Über Monate hatte Horst Seehofer immer wieder wütend die Kanzlerin attackiert, als wollte er die Union mit der CDU auflösen. Er zeterte und polterte aggressiver als die Oppositionsparteien. Doch inzwischen hat der CSU-Chef anscheinend begriffen, dass in solcher Zerstrittenheit die Bundestagswahl nicht zu gewinnen ist. Vielleicht hat er sogar begriffen, dass das penetrante Herumhacken auf Merkel und ihrer Flüchtlingspolitik Wahlbürger weniger zur Union als zur AfD treibt. Wollen CDU und CSU einen Machtverlust an Rot-Rot-Grün ausschließen, müssen sie Stärke beweisen - und das geht nur gemeinsam.

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