Millionengrab Fischzucht - Die Entscheidung über die Zukunft des Projektes hat nur teure Alternativen

Völklingen · Am kommenden Donnerstag soll der Völklinger Stadtrat über die Zukunft der Völklinger Meeresfischzucht entscheiden. Was auch immer die Abgeordneten beschließen – es wird noch einmal richtig teuer.

 Unter Feinschmeckern ist das Filet der Dorade beliebt – hier garniert mit Safranschaum. Foto: Reinhardt

Unter Feinschmeckern ist das Filet der Dorade beliebt – hier garniert mit Safranschaum. Foto: Reinhardt

Foto: Reinhardt

Hat die Völklinger Meeresfischzucht überhaupt eine Möglichkeit, wirtschaftlich zu agieren? Diese Frage sollte die Beratungsgesellschaft FMC Consulting beantworten, die im Auftrag der Stadt Völklingen ein Gutachten über die Chancen der Meeresfischzucht erstellt hat. Nicht nur für die Vergangenheit fällt dieses Gutachten vernichtend aus, auch für die Zukunftsbetrachtung macht es wenig Hoffnung, dass die Anlage wirklich am Markt bestehen kann.

Dem bisherigen Management stellt das Gutachten durchgehend schlechte Noten aus: Keine Wirtschaftsplanung, kein Controlling, miserabler Vertrieb - bei der Fischzucht ist so ziemlich jeder nur mögliche Management-Fehler gemacht worden. Auch konnten die Berater das Gutachten nur deutlich verzögert veröffentlichen, weil viele Zahlen gar nicht verfügbar waren.

So schwarz die Vergangenheit der Fischzucht gezeichnet ist, für die Zukunft gibt es einen Hoffnungsschimmer. 2017 könnte die Meeresfischzucht nach Ansicht der Gutachter erstmals schwarze Zahlen erwirtschaften, so die Analytiker in ihrem Ausblick. Für ihre Prognose haben sie den aktuellen Fischbestand und die bisherigen Absatzzahlen analysiert. Die Dorade, so folgern die Gutachter, habe offensichtlich die besten Absatzchancen , deshalb solle die Fischzucht vornehmlich Doraden züchten, gleichzeitig müsse der Besatz erhöht werden, um die Produktionskosten zu senken.

Bisher war die Anlage von einer Produktionsmenge von rund 500 Tonnen pro Jahr ausgegangen, jetzt ist von einer Jahresproduktion von 750, möglicherweise sogar 900 Tonnen die Rede. Bisher wachsen in der Anlage neben der Dorade auch noch Wolfsbarsche und Kingfish sowie Störe. Letztlich sei es auch in Zukunft möglich, neben der Dorade auch nach Bedarf Kingfish und Wolfsbarsch zu produzieren, da diese in einem Becken gehalten werden können.

Im besten Fall könnte die Anlage 2017 mit einem Plus von rund 600 000 Euro erstmals aus den Verlusten kommen - für die Jahre 2014 bis 2016 allerdings würde zuvor noch einmal ein Minus von 6,1 Millionen Euro auflaufen - Geld, das die Stadt noch einmal in die Anlage pumpen müsste.

Und selbst in diesem optimistischen Fall bleiben viele Fragen offen. Das Gutachten kalkuliert mit einem Verkaufspreis der geschlachteten und ausgenommenen Doraden von 9,50 Euro pro Kilo - für einen industriellen Verkauf ließe sich der Fisch unverarbeitet für sieben Euro vermarkten. Selbst das ist ein stolzer Preis, denn unverarbeitete Doraden aus der Türkei und Griechenland kosten nach Angaben des "Fischmagazins" aktuell um die fünf Euro . Offen ist aber auch, ob die Meeresfischzucht überhaupt ausreichend Kunden für ihren Fisch findet, denn eine Produktion von voraussichtlich 700 Tonnen entspricht fast einem Fünftel des gesamten deutschen Imports an Doraden. Der betrug 2013 nach Auskunft des "Fischmagazins" 4000 Tonnen. Fraglich ist auch, ob die angestrebten 9,50 Euro , selbst wenn sie aufgrund der sauberen Zuchtbedingungen und der regionalen Erzeugung gezahlt werden, ein auskömmlicher Preis sind. Bisher liegen die Produktionskosten für ein Kilo Fisch mit 9,52 Euro pro Kilo noch darüber.

Bei den Produktionskosten deckt das Gutachten auch einen elementaren Rechenfehler des früheren Managements auf. Das hatte mit einem Verkaufspreis von 8,50 Euro an den Lebensmitteleinzelhandel kalkuliert. Bei dem bereits zu niedrig angesetzten Aufzuchtpreis von etwas über fünf Euro pro Kilo Fisch - tatsächlich fallen fast sechs Euro an - hatten die Planer allerdings die Schlacht-Kosten vergessen, die noch einmal mit über 3,50 Euro zu Buche schlagen.

Kritische Grenze erreicht

Wie auch immer der Völklinger Stadtrat entscheidet, teuer wird es in jedem Fall. Selbst in dieser optimistischen Variante sind noch einmal mehrere Millionen fällig. Bei einem Weiterbetrieb wie bisher würden bis 2017 sogar zwölf Millionen Euro auflaufen. Und auch bei einer Insolvenz kämen erhebliche Kosten aus den Krediten auf die Stadt zu. Geklärt werden muss hier noch, welche Kreditsummen direkt durch eine Grundschuld auf die Fischzucht besichert sind und für welche die Stadtwerke als Muttergesellschaft direkt haften.

In jedem Fall herrscht auch jetzt in der Fischzucht akuter Handlungsbedarf. Nicht nur, weil Ende Februar das Geld ausgeht, sondern auch weil die Becken übervoll werden. Der Wolfsbarsch gerät bereits an die kritische Grenze. Um die Bestände zu reduzieren, sollen Wolfsbarsch und Dorade jetzt mit 20 Prozent Abschlag abverkauft werden, der Stör wird meistbietend verkauft.

Meinung:

Projekt mit wenig Hoffnung

Von SZ-Redakteur Joachim Wollschläger

In der Wirtschaft ist es eine Regel, dass man schlechtem Geld kein gutes Geld hinterherwerfen soll. Die Mitglieder des Völklinger Stadtrats stehen nun vor der schwierigen Entscheidung, ob sie zusätzliche Gelder für die Völklinger Fischzucht als gutes oder schlechtes Geld ansehen müssen. In jedem Fall wird die Fischzucht die Stadt noch kräftig belasten. Denn ohne Schaden kann sie sie nicht loswerden, ohne zusätzliche Mittel in Millionenhöhe wird sie sie aber auch nicht halten können. Das Gutachten winkt mit der vagen Hoffnung auf einen möglichen Gewinn in der Zukunft. Doch auch dafür sind die Annahmen gelinde gesagt optimistisch gefasst.

Als Zumutung muss angesehen werden, dass die Volksvertreter das sehr umfassende Zahlenwerk, über das sie jetzt entscheiden sollen, erst wenige Tage vor der Abstimmung bekommen haben. Hier setzt der Oberbürgermeister wie in der Vergangenheit seine Politik der Vertuschung fort.

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