Wie Saarländer D-Mark-Säcke nach Thüringen brachten

Saarbrücken · Heute vor 25 Jahren ist in der DDR im Zuge der Währungsunion die D-Mark eingeführt worden. Eine Gruppe von Saarländern half bei den Vorbereitungen mit: Sie bauten die Bundesbank-Filiale im thüringischen Meiningen mit auf.

Es ist ein Ereignis, das sich viele DDR-Bürger herbeigesehnt hatten. Kurz nach Mitternacht am 1. Juli 1990 heben sie in der Deutschen-Bank-Filiale am Berliner Alexanderplatz ihr erstes West-Geld ab. 25 Jahre ist es her, dass in der DDR das bisherige Alu-Geld durch "harte" D-Mark ersetzt wurde. Doch schon die Wochen davon waren von hektischer Betriebsamkeit erfüllt, berichtet Dietmar Girst. Er hat mit zwölf Kollegen der saarländischen Landeszentralbank und zwei Mitarbeitern aus Hessen geholfen, die Bundesbank-Filiale im thüringischen Meiningen aufzubauen.

Viel Zeit hatten Girst und seine Mitarbeiter nicht: Erst Anfang Mai reiste er nach Thüringen, um sich erstmals mit dem Leiter der Staatsbank in Meiningen zusammenzusetzen. Gerade zwei Monate hatte das Team, um zahlreiche Probleme zu lösen. Die drängendsten: Räume und Personal . Als Standort war schnell das historische Gebäude der früheren Deutschen Hypothekenbank ausgemacht, in der neben der Staatsbank mehrere Geldinstitute und die Volkspolizei saßen. Um der Bundesbank ein zusammenhängendes Areal zu sichern, musste auch die Volkspolizei Bereiche abgeben, was diese - völlig konsterniert über dieser Frechheit - erst nach einer Klage vor Gericht tat. Auch musste ein Sicherheitsniveau geschaffen werden, das zumindest im Ansatz dem Anspruch der Bundesbank entsprach. "Das fehlende Sicherheitsniveau haben wir dann über Alarmanlagen und die Unterstützung der Volkspolizei ausgeglichen", erzählt der 74-Jährige.

N och schwieriger war jedoch die Frage des Personals: "Das Problem war, dass das dortige Bankwesen mit unserem überhaupt nicht zu vergleichen war", sagt Girst. Kredite wie in Westdeutschland gab es im DDR-System nicht. Gelder wurden stattdessen vergeben. Insofern stand auch die Frage der fachlichen Eignung der Staatsbank-Mitarbeiter im Raum - "schon gar, weil diese wenige Tage zuvor ihre eigenen Personalakten säubern durften", erzählt Girst. Weil auf Diplome und Berufserfahrung kaum zu bauen war, hat Girst als Erster Direktor der künftigen Meininger Bundesbank auf den Eindruck in persönlichen Gesprächen bauen müssen, um das künftige Team aufzustelle n.

Heute unvorstellbare Widrigkeiten erschwerten in der zweimonatigen Aufbauzeit das Geschäft. So gab es keine funktionierenden Telefonverbindungen in den Westen - Gespräche mussten über Funktelefone von einem Hügel aus geführt werden. Und auch Wohnungen gab es offiziell in der DDR nicht zu mieten.

Ein zentrales Problem stellte aber auch der Aufbau der Technik in der neuen Bundesbank dar. Denn die Buchungsautomaten, die für die Verarbeitung der Geldgeschäfte notwendig waren, standen auf der sogenannten Co-Com-Liste. Die umfasste technische Geräte, die nicht in den Ostblock exportiert werden durften. "Ohne diese Buchungsautomaten wären wir aber nicht arbeitsfähig gewesen", sagt Girst. Er wählte eine pragmatische Lösung und stellte die Automaten in die Geldtransporter, die die D-Mark-Scheine nach Meiningen bringen sollte. "Ganz hinten, so dass sie von Säcken bedeckt waren", erinnert er sich. Denn auch das Geld kam nicht mit gesicherten Panzer-Fahrzeugen, sondern mit Speditionslastern - in Jutesäcken. Gesichert nur durch Polizei-Eskorten. "Sonst wäre das gar nicht zu schaffen gewesen." Girst blieb nach dem Meiningen-Abenteuer noch weitere 16 Jahre im Osten - erst in Berlin, dann in Leipzig. Erst nach der Pensionierung ist er wieder ins Saarland zurückgekehrt.

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