Die Durchfluss-Spezialisten

Merzig · Im Saarland gibt es etliche Unternehmen, die wenig bekannt sind, aber zu den Marktführern in ihrer Branche zählen. Solche „stillen Stars“ stellt die SZ in einer Serie vor. Heute: Die Merziger Firma Zentgraf.

 Kugelhähne für den Weltmarkt. Unser Bild zeigt Mitarbeiter Torsten Greifeldinger. Foto: Ruppenthal

Kugelhähne für den Weltmarkt. Unser Bild zeigt Mitarbeiter Torsten Greifeldinger. Foto: Ruppenthal

Foto: Ruppenthal

Von der Straße sieht der Betrieb unscheinbar aus. Ein Firmengelände, wie es Tausende in Deutschland gibt. Ein kleiner Parkplatz, ein Bürotrakt, dahinter eine Halle. Dass in der Nachbarschaft etwas zurückgesetzt noch eine zweite neue Werkshalle steht, ahnt man nicht. Erst recht nicht, dass hier in Merzig-Hilbringen ein Unternehmen ansässig ist, das auf seinem Gebiet zu den Weltmarktführern zählt: MHA Zentgraf, Spezialist für Hochdruck-Kugelhähne - mit insgesamt rund 190 Mitarbeitern, davon 170 in Merzig und noch einmal 15 in Schanghai.

Überall da, wo etwas mit hohem Druck durch Leitungen strömt, sind diese Ventile im Einsatz - zum Freigeben und Sperren, zum Beschleunigen und Drosseln, einfach zum Regeln des Durchflusses zum Beispiel von Öl, Gas, Wasser oder Chemikalien. Und das bis zu einem Druck von 2000 bar. Zum Vergleich: Ein normaler Autoreifen steht unter einem Druck von etwa 2,5 bar.

Den speziellen Markt der Hochdruck-Kugelventile teilt sich MHA Zentgraf im Wesentlichen mit zwei anderen deutschen Herstellern. Das Merziger Unternehmen ist drauf und dran, die Nummer 1 zu werden. "Wir wollen ein Hidden Champion sein", sagt Andreas Gühring, einer der drei geschäftsführenden Gesellschafter. Hidden Champions, wie Ökonomen im Vergleich zu Großkonzernen unbekanntere mittelständische Unternehmen nennen, die auf ihrem Feld zur Weltspitze gehören.

"Wir sind in zehn Jahren durchschnittlich um mehr als zehn Prozent jährlich gewachsen", sagt Gühring. Und so soll es weitergehen. Mit 26 Millionen Euro Umsatz rechnet der 51-Jährige in diesem Jahr. 80 Prozent der Erlöse erzielt MHA Zentgraf außerhalb Deutschlands, geliefert wird in mehr als 60 Länder.

3000 Kugelhähne produziert MHA Zentgraf pro Tag. Sie werden zum Beispiel in Schiffen und Baumaschinen verbaut, in Öl- und Gasversorgung sowie im Brandschutz verwendet, in Windkraftanlagen und Tunnelbohrmaschinen oder auch in der Autoindustrie genutzt. "Wir machen die eine Hälfte unseres Umsatzes mit Katalog-Produkten, die andere Hälfte mit Sonderlösungen", sagt Gührings Geschäftsführerkollege Oliver Schwarz. Doch schon der Katalog bietet unzählige Varianten, von vier Millimeter Durchmesser kleinen bis 200 Millimeter großen, mit Handschaltung oder mit Antrieb, mit diversen Anschlüssen versehen und aus verschiedenen Stählen gefertigt. Was aber entscheidende Vorteile im Wettbewerb bringt, sei die Fähigkeit, "schneller und flexibler als andere auf Kundenwünsche eingehen zu können", sagt Schwarz. Nicht umsonst machen Ingenieure zehn Prozent der Belegschaft aus.

Ein Beispiel für die Innovationskraft ist ein Großauftrag eines holländischen Reeders, der gerade ein Spezialschiff bauen lässt, das ausgediente Ölplattformen abbauen kann. Bei dem Verfahren wird der obere Teil der Plattform abgetrennt und dann um mehrere Meter angehoben, was wegen des Seegangs in Nullkommanichts klappen muss. Dafür öffnen sich von MHA Zentgraf eigens entwickelte Kugelhähne, und Gas schießt unter hohem Druck in Hubzylinder. Vorsprung auf dem Weltmarkt hängt für Manager Gühring vor allem von der Belegschaft ab. "Das Personal ist das wichtigste überhaupt." Sollen die Kugelhähne besser, die Abläufe präziser und die Lieferung schneller werden, "beginnt das bei den Mitarbeitern". Sie müssen die Flexibilität leben. "Das Beste ist, wenn alle 190 mitmachen. Dann bewegt sich das Unternehmen" hin zur Weltspitze.

Zum Thema:

HintergrundDas Unternehmen MHA Zentgraf ist 1945 von Alfred Zentgraf gegründet worden. 1978 begann das Unternehmen mit der Produktion von Hochdruck-Kugelhähnen. Der Sohn des Gründers, Günter Zentgraf, übernahm das Unternehmen 1984. Der heute 70-Jährige hatte die Übergabe an einen Nachfolger von langer Hand geplant und zunächst Andreas Gühring ins Unternehmen geholt. Gühring kam vom Bremsenhersteller Knorr-Bremse und übernahm 2009 zunächst 44 Prozent der Anteile und hält inzwischen 60 Prozent. Oliver Schwarz und Werksleiter Marc Bossmann ergänzten später die Geschäftsführung und sind heute mit je zehn Prozent am Unternehmen beteiligt. Die vollständige Übergabe des Unternehmens läuft schrittweise über zwölf Jahre. mzt

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort