EU treibt Speicherung von Fluggastdaten voran

Brüssel · Vor zwei Jahren hat das Europäische Parlament die Speicherung von Fluggastdaten in der EU gestoppt. Auch beim neuen Vorstoß melden die Abgeordneten Bedenken an. Doch die Kommission lässt sich nicht beirren.

Ein Urlaub an der türkischen Riviera oder im ägyptischen Hurghada sagt alles und hinterlässt Spuren - wenn sich die EU-Kommission und die Innenminister der 28 Mitgliedstaaten durchsetzen. Die nahmen bei einer Tagung in Riga gestern endgültig Kurs auf die umstrittene Speicherung der Daten von Fluggästen, die aus der EU hinaus- oder aus Drittstaaten hineinfliegen. Sogar Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU ), bislang eher ein Skeptiker, gab seinen Widerstand offenbar auf. "Es ist ein wichtiges Instrument, damit wir abgleichen können, ob diejenigen, die nach Europa fliegen, auf irgendwelchen Fahndungslisten stehen." Das Datenschutz-Niveau müsse aber "erhöht werden". Eine Speicherdauer von fünf Jahren sei zu lang.

Genau diese Frist enthält aber ein Entwurf der EU-Kommission, der Mitte dieser Woche bekannt geworden war. Fünf Jahre lang sollen die Informationen der Fluggäste abrufbar sein, bereits nach sieben Tagen würden die Angaben jedoch anonymisiert. Im Unterschied zur Vorratsdatenspeicherung , bei der die Daten von Telekommunikationsunternehmen abgelegt und nur bei Verdacht abgerufen werden, müssten die Airlines die Angaben direkt den Behörden überlassen. In dem Entwurf aus dem Hause von Innenkommissar Dimitris Avramopoulos ist zwar keine konkrete Zahl genannt. Aus dem Papier ergibt sich aber, dass bis zu 42 persönliche Daten von der Adresse über die Kreditkarte bis zu Essenswünschen gespeichert werden sollen.

Noch 2007, als ein gleiches Abkommen mit den Vereinigten Staaten ausgehandelt worden war (an die US-Fahnder müssen seither vorab 34 Datensätze übermittelt werden), hatten EU-Politiker betont, so viele Angaben würde Europa nicht wollen. Von "höchstens 19" war damals die Rede. Nun will man deutlich mehr.

Ob Kommission und Innenminister das Europäische Parlament überzeugen können, ist ungewiss. Vor zwei Jahren hatten die Abgeordneten wegen Datenschutz-Bedenken einen ersten Vorschlag gestoppt. Das könnte erneut passieren. "Der Vorschlag ist ein Affront gegenüber dem Parlament", sagte der Grünen-Datenschutzexperte Jan Philipp Albrecht bereits. "Die vorgesehene Speicherung bietet nach den bisherigen Erfahrungen bei der Bekämpfung von gewaltbereiten Dschihadisten keinen Mehrwert."

Kritiker monieren vor allem, dass die Fluggastdaten-Speicherung gegen die Prinzipien des Urteils verstoße, mit dem der Europäische Gerichtshof die Vorratsdatenspeicherung gestoppt habe. Ohne konkrete Bedrohung oder einen Verdacht sei ein derartiges Instrument "unverhältnismäßig".

Meinung:

Nicht noch mehr Heu!

Von SZ-KorrespondentDetlef Drewes

Dass Innenpolitiker und Fahnder nach den Anschlägen von Paris wieder ihre Wunschzettel herausholen würden, war absehbar. Doch nicht nur muss sich die Speicherung von Fluggastdaten den Kriterien stellen, die der Europäische Gerichtshof aufgestellt hat. Die Kritik geht noch weiter. Es bleibt nämlich die Frage nach der Effizienz. Dass die Anschläge in New York, Washington, Madrid, London und Paris nicht verhindert wurden, lag nicht an fehlenden Informationen, sondern an der schlechten Aufbereitung der vorhandenen Daten. Oder wie es ein Kritiker im Internet formulierte: "Wenn man nach einer Nadel im Heuhaufen sucht, ist das Letzte, was man braucht, mehr Heu."

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