Schwesig für Einführung von Familienwahlrecht

Berlin · Auch in ihrer eigenen Partei ist die Idee eines Familienwahlrechts umstritten. Trotzdem macht sich Ministerin Schwesig (SPD) dafür stark. Familien sollen so mehr Einfluss auf die Politik bekommen.

Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig (SPD ) möchte Familien mit Kindern bei Wahlen ein stärkeres Stimmgewicht geben. Sie finde deshalb das Modell eines Familienwahlrechts gut. "Dann bekäme ein Elternteil pro Kind eine zusätzliche Stimme", sagt die SPD-Politikerin der "Rhein-Neckar-Zeitung". Schwesig machte zugleich deutlich, dass es sich bei ihrem Plädoyer für ein Familienwahlrecht um einen persönlichen Denkanstoß handele, der kontrovers diskutiert werde und auch in ihrer eigenen Partei umstritten sei. Eine Sprecherin Schwesigs fügte in der Bundespressekonferenz gestern zudem hinzu, dass das Wahlrecht "Sache des Parlaments" sei.

Um Familien mehr Einfluss auf die Politik zu verschaffen, tauchen seit Jahren nicht nur in Deutschland immer wieder Vorschläge für eine Wahlrechtsänderung zugunsten der Familien auf - unter dem Namen Familienwahlrecht oder auch Elternwahlrecht. Die Forderungen werden meist von Familienverbänden oder Sozialverbänden erhoben. 2003 gab es im Bundestag einen parteiübergreifenden Antrag von Abgeordneten der SPD , der Grünen und der FDP , der allerdings keine Mehrheit im Parlament fand. Juristen machen zudem Verfassungsbedenken geltend.

Anlässlich des 25. Jahrestages der Verabschiedung der Kinderrechtskonvention der Vereinten Nationen bekräftigte Schwesig auch ihre Forderung nach einer Verankerung der Kinderrechte in der Verfassung. Bisher gebe es etwa bei häuslicher Gewalt immer wieder den Fall, dass Elternrecht höher bewertet werde als das Kinderrecht. "Hätten wir die Kinderrechte im Grundgesetz, wäre das anders", sagte Schwesig. Zumal müsse dann bei jeder Gesetzesänderung darauf geachtet werden, "ob die Kinderrechte gewahrt werden". Um Kinder besser vor Gewalt zu schützen, erwägt die SPD-Politikerin auch, das Kinderschutzrecht zu verschärfen: "Jedes Kind hat das Recht, ohne Gewalt aufzuwachsen."

Meinung:

Ein absurder Vorstoß

Von SZ-KorrespondentHagen Strauß

Familienministerin Manuela Schwesig entwickelt sich zur Speerspitze der persönlichen, kruden Ideen. Jetzt will die SPD-Politikerin also das Familienwahlrecht einführen, das einem Elternteil für jedes Kind eine zusätzliche Stimme einbringt. Mal davon abgesehen, ob ein solches Wahlrecht verfassungsrechtlich überhaupt umsetzbar ist, stellt sich die Frage, wie das ganze praktisch funktionieren soll. Der konservative Papa verspricht der aufbegehrenden Tochter also hoch und heilig, das Kreuzchen auch ganz Links zu machen. Von wegen. Das Familienwahlrecht sorgt für Missbrauch.

Schwesigs Vorstoß hilft Kindern zudem nicht. Er ist absurd. Wichtiger ist, den Blick auf die wirklichen Bedürfnisse von Kindern zu richten: gute Betreuung, gute Bildung. Und viel Zuneigung.

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