Grenzen erfahren, überwinden und überschreiten

Saarbrücken · Wie war das damals als eine/einer der ersten Studentinnen/Studenten an der neu eröffneten HBKsaar? Wir haben die Absolventen Leslie Huppert und O.W. Himmel gefragt. Beide arbeiten als freie Künstler im Saarland.

 Performance mit O.W. Himmel, Marko Waschke, Christian Schorr und Volker Czerner am Stacheldraht-bewehrten „Grenzübergang“ von Design und Kunst im HBK-Foyer 1992. Foto: Archiv Himmel

Performance mit O.W. Himmel, Marko Waschke, Christian Schorr und Volker Czerner am Stacheldraht-bewehrten „Grenzübergang“ von Design und Kunst im HBK-Foyer 1992. Foto: Archiv Himmel

Foto: Archiv Himmel

Spricht man mit der ersten Generation von Absolventen der HBKsaar, so wird schnell klar: 1989 war die Hochschule ein Experimentierfeld. "Keiner hatte so richtig den Plan", erzählt O.W. Himmel. Nach dem Motto "Machen Sie mal" hätten sich die ersten Studierenden zusammen mit den neuen Professoren nach und nach die neue Institution und ihre Studiengänge erschlossen. Alles war im Fluss - und darum alles möglich. "Das interdisziplinäre Arbeiten haben wir sehr ernst genommen", erinnert sich Leslie Huppert. Freie Kunst zu studieren und bei den Designer reinzuschnuppern und umgekehrt, das sei von den Studierenden ganz bewusst praktiziert worden, "Professoren-Hopping" war üblich in der Anfangszeit. Zwangsläufig war der Kontakt zwischen Lehrenden und Studierenden sehr eng, sehr persönlich, es gab ja nur wenige. "Wir haben auch viel gefeiert", erinnert sich Huppert. Sie selbst begann ihr Studium in der Malklasse von Bodo Baumgarten und beendete es schließlich in der Medienklasse von Ulrike Rosenbach.

"Extrem bereichernd" sei der Austausch von Künstlern und Designern gewesen, erinnert sich auch O.W. Himmel. Wenn auch nicht ohne Konflikte zwischen den beiden Fachrichtungen Kunst und Design. Für ihn und zwei Kommilitionen war das damals Anlass für eine Performance, die sich gegen die sich entwickelnden Abgrenzungen richtete: Die drei okkupierten kurzerhand das HBK-Foyer, zogen eine Grenze aus Stacheldraht mittendurch, die symbolisch die Fachbereiche Kunst und Design trennte. Die Kommilitonen wurden je nach Fachrichtung am Grenzübergang abgestempelt, Professoren sollten Fragebögen ausfüllen. Alle paar Minuten schrie einer vom eigens errichteten Grenzturm "Halt!". "Nicht alle fanden das witzig, aber uns war es ernst mit dem interdisziplinären Lernen", erinnert sich Himmel.

"Da trafen natürlich auch Exzentriker aufeinander, vor allem bei den Freien Künstlern", sagt Leslie Huppert. Dennoch sei die Zeit sehr produktiv und innovativ gewesen. Alle Kurse waren für alle Studierenden offen. Zum Beispiel auch das Performance-Training bei Ulrike Rosenbach. "Ich erinnere mich, dass wir erst mal meist zu Michael Jackson tanzen mussten, um locker zu werden", lacht sie. Oft sei es ans Eingemachte gegangen, immer wieder gab es heulende, zusammengebrochene Kommilitonen. "Für mich hat sich dort eine neue Welt geöffnet", resümiert die Künstlerin heute, nach 25 Jahren. Medienkünstler Himmel hat später übrigens "Produktdesign" als Vertiefungsfach gewählt. "Erst Jahre nach meinem Abschluss ist der Hochschule aufgefallen, dass das gar nicht geht, weil ich ja in Freier Kunst eingeschrieben war", erzählt er heute amüsiert. Aber damals seien Strukturen und Formalien eben noch nicht so wichtig gewesen.

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