Ente gut, alles gut

Mannheim · Die Ausstellung „Duckomenta“ in Mannheim ist eine Reise wert: Sie verbindet künstlerischen Jux und höheren Blödsinn mit einem breiten Rückblick auf die Menschheits- und Kulturgeschichte. Alles steht im Zeichen der Ente und ihres Schnabels.

Das Lächeln der Mona Lisa war ja immer schon ein etwas mysteriöses Lippenschürzen. Aber jetzt hat sie nicht mal mehr Lippen - sondern einen Entenschnabel. Der lässt ihr Lächeln weniger vieldeutig als etwas einfältig erscheinen. Und auch Nofretete hat sich sehr verändert - mit geschwungenem Schnabel sieht man eben anders aus als mit edel geschnittener Nase.

Puristische Freunde der Hochkultur werden sich vielleicht mit Grausen abwenden - für alle anderen sind die Mannheimer Reiss-Engelhorn-Museen ab Sonntag ein Ort des seligen Dauerlächelns, denn die Sonderausstellung "Duckomenta" ist eine helle Freude. Sie zeigt eine geflügelte Parallelwelt zu unserer Menschheitsgeschichte - mit mehr als 300 Exponaten, allesamt im Zeichen der Ente entstanden. Hinter der Schau steht die Künstlergruppe "interDuck", die seit 30 Jahren an einem fiktiven Weltkultur-Erbe der Enten werkelt. 1986 waren ihre ersten Werke öffentlich zu sehen (im Internationalen Erlanger Comicsalon); seitdem wächst die Sammlung, historische Lücken schließen sich, und Museen in aller Welt öffnen gerne ihre Türen - 1,5 Millionen Menschen haben die Enten-Exponate bis heute gesehen. Kein Wunder - bietet diese "Duckomenta" doch das, wovon Museumsleiter träumen sollten: die Möglichkeit, ein großes Publikum zu erreichen (denn wer mag Comic-Enten mit Disney-Anmutung nicht?) und gleichzeitig Kunstgeschichte plus Menschheitsgeschichte mit viel Witz zu vermitteln. Denn die Ausstellung mit ihren 20 chronologischen Abteilungen erzählt vordergründig von den Enten, parallel aber immer wieder von uns. Die ersten Exponate sind - fiktiv - 1,5 Millionen Jahre alt: fossile Schnäbel-Schädel der "Anas Erectus", die einst über die Erde watschelte. Die letzten Werke legen dann Zeugnis davon ab, dass sich die Enten, vielleicht der Menschen überdrüssig, ins All davonmachten: Zu sehen ist ein Raumanzug, anatomisch so geformt, dass weder Schnabel noch Bürzel dem luftleeren All ausgesetzt sind.

Quer durch die Geschichte

Zwischen diesen Polen - Steinzeit und Raumreise - spannt die Ausstellung einen breiten Bogen durch die (Kunst-)Geschichte: Vom Alten Ägypten mit schnabeltragenden Mumien und dem Sarkophag von Duckamun I. geht es ins Griechenland der Antike, wo die Büste des Perikles etwas anders aussieht als man sie in Erinnerung hatte. Ein Fund aus den Ruinen Trojas beweist derweil, dass das Trojanische Pferd gar kein Pferd war, sondern, man ahnt es schon, eine Trojanische Ente. Im Alten Rom sind Münzen zu sehen und eine Büste des Cäsar, während die asiatischen Ausstellungsräume geschnäbelte Terrakotta-Krieger beherbergen. Weiter geht es quer durchs Mittelalter in Richtung Renaissance, Barock und schließlich in die Moderne - insgesamt ist das ein Riesenspaß, bei dem einführende Texte generell über die jeweiligen Epochen informieren und dann bei den einzelnen Werken wieder augenzwinkernd an der Legendenbildung im Zeichen der Ente basteln.

Der komische Effekt durch die Schnabel-Verfremdung ist enorm - etwa bei Werken von Gustav Klimt (der hier Zimt heißt), bei einem Selbstporträt Frida Kahlos (hier: Kahla Kerbel) oder in der bunten Rechteck-Welt Mondrians. Das könnte man bloß als reinen Jux empfinden - aber ganz unbemerkt wird man hier auch auf die Fährte der Kunstgeschichte gelockt, indem sich Fragen aufdrängen: Wie sehen die Originale aus? Und wie viel ändert sich durch das Hinzufügen eines Schnabels? Manchmal übrigens weniger als man denkt: In einer Landschaft von Dalí fällt ein Schnabel wenig auf, und bei einem Pop-Art-Gemälde von Roy Lichtenstein könnte das ja auch zum Originalkonzept gehören. Bei anderen Werken trägt die Kraft des Originalgemäldes sogar den Sieg gegen die Verfremdung davon: Francis Bacons "Der Papst" etwa bleibt auch mit Schnabel beängstigend. Es könnte nur sein, dass man beim nächsten Bacon-Original unweigerlich an Entenschnäbel denkt - aber das ist das einzige Risiko dieser Ausstellung.

Eröffnung: Sonntag, 11 Uhr. Führungen: jeden Sonntag um 15 Uhr. Zur Ausstellung ist der Band "Art of Duckomenta" erschienen. Die Schau läuft bis zum 24. April. Informationen unter Tel. (06 21) 293 37 71

und www.rem-mannheim.de

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