Mehr Gemeinschaftsgeist für den Campus

Uni-Präsident Linneweber will nicht nur die Fakultäten der Hochschule neu strukturieren. Er verlangt eine neue Kooperationskultur auf dem Campus – angesprochen ist vor allem die Fakultät Jura. Damit scheint ein Konflikt programmiert.

Saarbrücken. Im kommenden Jahr schrumpft die Zahl der Fakultäten der Saar-Uni von heute acht auf sechs. Dafür hat der Universitätsrat, das Aufsichtsgremium der Hochschule, nun endgültig grünes Licht gegeben. Die Entscheidung scheint auf den ersten Blick der Logik des Kleiner-besser-billiger der aktuellen Hochschul-Spardebatte zu folgen. Doch steckt dahinter weit mehr. Die neue Fakultätsstruktur soll eine neue Fakultätskultur auf dem Campus begründen - so jedenfalls die Absicht des Präsidiums.

Uni-Präsident Volker Linneweber will den letzten Teil seiner Amtszeit darauf verwenden, die großen akademischen Einheiten des Campus auf eine neue Linie einzuschwören. Einerseits sollen sie mehr Freiheiten erhalten, sich in eigener Verantwortung zu organisieren, diese aber andererseits dazu nutzen, ihre Entwicklung nach einer für die gesamte Uni gültigen Strategie voranzutreiben. Und deren Credo lautet: mehr Kooperation. Nur so sei zu erreichen, was die Landesregierung von der Uni laut Hochschulentwicklungsplan fordert - darunter zwei neue Sonderforschungsbereiche.

Als großes Vorbild seines Konzepts beschreibt der Uni-Präsident in einem auf dem Campus zirkulierenden Papier die Informatik. Sie zeige, dass die konzertierte Anstrengung einer Fakultät sowohl zu großen persönlichen Erfolgen einzelner Wissenschaftler (Forschungspreise) als auch zu Erfolgen der Professoren-Gemeinschaft als Ganzes (Exzellenz-Initiative) führen könne. Die anderen Fakultäten seien auf diesem Weg mehr oder weniger weit vorangekommen. Als Nachzügler beschreibt der Uni-Präsident nun aber ausgerechnet jenes Fach, das in den kommenden Jahren unzweifelhaft im Zentrum des Interesses auf dem Campus stehen wird: die Rechtswissenschaft.

Die Abteilung Jura ist im Hochschulentwicklungsplan des Landes mit einer gewaltigen Herausforderung konfrontiert. Bis 2020 soll sie einen Sonderforschungsbereich oder ein vergleichbares, drittmittelfinanziertes Forschungsprojekt auf die Beine stellen. Deshalb, so der Universitätsrat in der vergangenen Woche, wird die Rechtswissenschaft zur eigenen Fakultät aufgewertet und die bisher mit ihr verbundene Wirtschaftswissenschaft in eine neue Einheit mit den Empirischen Humanwissenschaften versetzt.

Dass dieser Plan auf Widerstände stoßen wird, ist dem Uni-Präsidenten bewusst. Schließlich gehe es hier um einen grundlegenden Kulturwandel. Die heutige Fakultät Rechts- und Wirtschaftswissenschaften betrachte sich "als Ermöglichungsstruktur für individuelle Aktivitäten", kritisiert Linneweber. Eine künftige Fakultät Jura könne aber nur dann Aussicht auf Erfolg haben, wenn dieses an persönlichen Interessen einzelner Wissenschaftler ausgerichtete Selbstverständnis überwunden werde. "Es kann kein simples Weiter-so-wie-es-war geben", so Volker Linneweber .

Wenn sie den Erfolg wollten, müssten die Lehrstühle der Rechtswissenschaft Kooperationen eingehen, zum Beispiel mit der Computerwissenschaft. In der Rechtsinformatik sieht der Uni-Präsident gute Chancen für die künftige juristische Fakultät, ein großes Verbundforschungsprojekt auf den Weg zu bringen. Denn mit dem Informatik-Institut Cispa (Center for IT-Security, Privacy and Accountability) gebe es bereits ein hoch angesehenes Institut der Sicherheitsforschung in Saarbrücken, das an dieser Kooperation Interesse zeige.

Bei den ersten Schritten der neuen Fakultät Jura auf ihrem Weg in die Zukunft will der Uni-Präsident, dessen Amtszeit im Februar 2017 endet, assistieren - und hat schon einmal völlig unmissverständlich seine Hilfestellung angekündigt. Wohl und Wehe der neuen Fakultäts-Strategie hingen ganz wesentlich von den handelnden Personen ab. Deshalb werde das Präsidium bei der 2016 anstehenden Besetzung der dritten Strafrechtsprofessur "massiv Einfluss nehmen, wer diesen Lehrstuhl übernimmt". Der Uni-Präsident hat sich damit gleichzeitig als Coach der neuen Fakultät eine klare Aufgabe gesetzt. "Ich möchte hier nicht als 'Lame Duck' aufhören. Das wird mich die nächsten 18 Monate beschäftigen."

Zum Thema:

HintergrundSechs statt bisher acht Fakultäten wird die Universität des Saarlands spätestens zum Wintersemester 2016/17 haben. Sie werden dann nicht mehr nummeriert, sondern mit Buchstabenkombinationen bezeichnet. Die Hochschule hat dann die Fakultäten Empirische Humanwissenschaften und Wirtschaftswissenschaft (HW), Medizin (M), Mathematik und Informatik (MI), Naturwissenschaft und Technik (NT), Philosophie (P) und Rechtswissenschaft (R).

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