Der King ist Kong: Guter Rat ist teuer

Saarbrücken · Am Sonntagabend hatte „King Kong #weißefrau“ Premiere in Saarbrückens Sparte 4. Das grelle Kaleidoskop wartete mit einer Menge Referenzen und Zitaten aus der Popkultur auf. Ein verwirrendes Live-Spiel im eklektischen Video-Stil.

 Als King Kong um die Ecke kommt, liegt Kommissar Lex Baxter (Robert Prinzler) am Boden, überdimensional auf die Leinwand geworfen. Foto: Marco Kany

Als King Kong um die Ecke kommt, liegt Kommissar Lex Baxter (Robert Prinzler) am Boden, überdimensional auf die Leinwand geworfen. Foto: Marco Kany

Foto: Marco Kany

Als am Ende der Inszenierung drei King Kongs vor der projizierten Kuppel des Empire State Buildings in bester Affenmanier um die blonde Barbie-Puppe buhlen und die Aufführung damit abrupt endet, dauert es, bis die verdutzten Zuschauer sich zum Applaus anschicken. Kein Wunder, Klaus Gehre spinnt in seinem gut einstündigen Live-Film ein dichtes, schier undurchdringliches Netz von filmischen, musikalischen und literarischen Bezügen, in dem man sich leicht verliert.

Ein Glück, dass Kommissar F. Lex Baxter - herrlich von Robert Prinzler gemimt - den Durchblick behält. Zusammen mit seiner schmachtenden Sekretärin Miss Giddy - ebenfalls fabelhaft von Gabriela Krestan anrüchig in Szene gesetzt - nimmt er die Spur nach dem "schwarzen Panther-Sperma" und den "kleinen Cappuccino-Babys für reiche alte Landladies" auf. Während er sich in Trenchcoat und rauchend fragt, ob es sich bei diesem vertrackten Fall um "organisierten Organhandel handelt", feilen unterdessen die quirlig-quietschende Sophie Köster alias Olga Netrebko zusammen mit ihrem beredten Mentor Igor Stravinski (Klaus Müller-Beck) am Porno der Zukunft. Die beiden ergehen sich in worthülsenreichen Diskursen über Sex, Rassismus und Ökonomie und erörtern Michel Houellebecq, der in seinen Romanen ein Narrativ der Moderne entwarf. Gegen die "Unterdrückung des befreiten Selbst" und wider den "Marktwert des Individuums" führt die promovierte Literaturwissenschaftlerin Netrebko ein neues Narrativ des Films ins Feld: den sogenannten "Pony Play Porno".

Statt die im ordinären Porno eingeschriebenen Machtverhältnisse fortzuführen, setzt sie auf Innerlichkeit: "Oh mein Gott, ist der groß", wiederholt sie theatralisch, verleiht ihrer Innerlichkeit beim imaginierten Anblick von King Kong immer schrilleren Ausdruck. Mit soviel Innerlichkeit kann ihr Mentor Igor nichts anfangen.

Genauso wenig wie der sächselnde Mike-David aus den blühenden Landschaften, der - aus welchem Grund auch immer - zusammen mit Helmut Kohl in Thailand einen aberwitzigen Diskurs über guten und schlechten Rassismus und "weiße Mösen" anstößt, während Helmut am Strand vögelt. Im Reigen der Er- und Vermittlungen darf bei Regisseur Gehre scheinbar Falco (exaltiert gespielt von Christian Higer) nicht fehlen, der in Wiener Schmäh vom Leder zieht und seine verfremdeten Hits (Sounds: Maxi Menot) zum besten gibt. Zugegeben: Der Plot ist verworren und abstrus, aber hintersinnig. Denn die vielen popkulturellen Wiedergänger verstricken sich grandios in ihrem selbst ausgelegten Geflecht. Die Schauspieler leisten doppelte Arbeit: Denn sie alle filmen live mit Camcordern die liebevoll gebastelten Objekte, die auf die Leinwand projiziert werden. Die daraus entstehenden Kulissen (Kino, Strand, Bar, Büro etc.) tragen den Chic des Unfertigen und Improvisierten, sich jeder Deutungshoheit Entziehenden. In der Tat ergibt das ein "diskursives Bildgewitter", das unterhält - auch wenn sich Gehres verquerer Plot bis zuletzt nicht erschließt.

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Vorstellungen am 1., 5., 21., 22. und 28. April, am 18., 28. Mai, 3., 9. und 15. Juni (20 Uhr). Karten unter Tel: (06 81) 30 92 486.

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