Im langen Schatten des Gatten

Saarbrücken · Zelda Fitzgeralds Erzählungen erscheinen erstmals auf Deutsch – und sind eine große Entdeckung.

 Zelda Fitzgerald (1900-1948) Anfang der 1930er Jahre. Foto: Picture Alliance/Everett Collection

Zelda Fitzgerald (1900-1948) Anfang der 1930er Jahre. Foto: Picture Alliance/Everett Collection

Foto: Picture Alliance/Everett Collection

Der Unterschied war enorm. Wenn Zelda Fitzgerald eine ihrer Geschichten unter eigenem Namen veröffentlichte, zahlte man ihr 500 Dollar. Publizierte sie dieselbe Geschichte unter dem Namen ihres Ehemannes Francis Scott Fitzgerald, erhielt sie 4000 Dollar. Während er als einer der größten US-Schriftsteller gehandelt wurde, galt sie lange nur als Skandalnudel. Die Klatschblätter berichteten über sie, wenn sie nackt in einen Springbrunnen stieg oder in einem Lokal am Broadway ihrem Mann mal wieder eine Szene machte.

Dass Zelda mehr war als ein Partygirl, beweisen die elf erstmals ins Deutsche übertragenen Erzählungen des Bandes "Himbeeren mit Sahne im Ritz". Die besten können sich mühelos mit denen ihres Gatten messen. Entstanden sind die meisten um 1930 herum. Da waren die glamourösen Jahre des Paares schon vorbei. Scott versuchte vergebens als Drehbuchschreiber in Hollywood an den Erfolg der frühen Jahre anzuknüpfen, während Zelda zunächst in der Schweiz und später in amerikanischen Sanatorien ihre Nervenzusammenbrüche kurierte.

Immer geht es in den Erzählungen Zeldas um junge Frauen, die sich mit der ihnen zugeschriebenen Rolle nicht abfinden wollen. Nicht selten endet das tragisch, oft aber können sie sich in der Männerwelt auch behaupten. So wie Gracie, die in der baufälligen Bude ihres Vaters Bier und Brathähnchen verkauft. "Im Stillen erwartete sie Großes vom Leben, und zweifellos war das einer der Gründe, warum das Leben ihr Großes gewährte.

" Als eines Tages der Geschäftsführer des großen Kaufhauses von New Heidelberg ein Hähnchen essen will, sagt sie kess, sie würde auch gerne im Kaufhaus arbeiten, weil die Angestellten alles günstiger bekämen. "Ich würde billiger kaufen, was mir gefällt, und dann kündigen." Ihr naiver Übermut zahlt sich aus, sie bekommt den Job und gewinnt auch gleich noch einen Schönheitswettbewerb unter den Verkäuferinnen. Nicht, weil sie die schönste ist: "Die hübschen Mädchen beneideten einander und stimmten für die hässlichen. Die hässlichen waren neidisch auf die hübschen und stimmten deswegen für Gracie, die Neue - und die hässlichen waren in der Mehrheit. Niemand war neidisch auf Gracie, weil niemand sie kannte."

Immer hat Zelda Fitzgerald ihren schillernden Frauenfiguren viel von sich selbst mit eingeschrieben. Der schönen Gay in "Die erste Revuetänzerin", die "nichts zu verbergen hatte als ihre Vergangenheit". Immer ist sie auf Diät, will keine Kinder, um ihre Bühnenkarriere nicht zu gefährden. Als sie sich doch noch für ein Kind entscheidet, stirbt sie bei der Geburt. Mag manche Metapher heute auch ein wenig exaltiert anmuten, nicht jede der blumigen Umschreibungen ganz treffen - man muss die Zeit bedenken, in der diese Texte entstanden sind. Es ist tragisch, dass diese wunderbare Schriftstellerin zeitlebens nie aus dem Schatten ihres Mannes heraustreten konnte. Acht Jahre nach ihm starb sie 1948, mit nicht einmal 50 Jahren, in einer psychiatrischen Klinik in Asheville.

Zelda Fitzgerald: Himbeeren mit Sahne im Ritz. Manesse, 224 Seiten, 24,95 Euro.

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