Auf der letzten Rille ins Halbfinale

Saarbrücken · Tischtennis-Bundesligist 1. FC Saarbrücken hat in der Champions League die Runde der letzten Vier erreicht. Ein Erfolg, der aber Spuren hinterlässt.

 Trainer Slobodan Grujic (links) und Sportchef Erwin Berg (Mitte) freuen sich mit dem Slowenen Bojan Tokic über den Einzug ins Halbfinale der Champions League. Dort trifft der FCS auf Fakel Orenburg. Foto: Ruppenthal

Trainer Slobodan Grujic (links) und Sportchef Erwin Berg (Mitte) freuen sich mit dem Slowenen Bojan Tokic über den Einzug ins Halbfinale der Champions League. Dort trifft der FCS auf Fakel Orenburg. Foto: Ruppenthal

Foto: Ruppenthal

Um zu erklären, was Ironie ist, reicht als Beispiel der 1. FC Saarbrücken. Vor einem Jahr schied der Tischtennis-Bundesligist im Viertelfinale der Champions League aus, weil sich von drei Top-Spielern einer verletzt hatte. Also kam für diese Saison ein Mann mehr. Am späten Freitagabend zog Saarbrücken nun ins Halbfinale des Europapokals ein, trotz eines 2:3 gegen Chartres ASTT in der Joachim-Deckarm-Halle. Die Ironie: Das gelang, obwohl zuletzt zwei von vier Hochkarätern fehlten. Ironiefrei war dagegen der gestrige Nachmittag: Das Spitzenspiel der Bundesliga verloren die Blau-Schwarzen gegen die TTF Ochsenhausen zu Hause mit 0:3. Bei Tageslicht zeigte sich deutlich, dass Chartres bei Patrick Baum und Bojan Tokic, den Saarbrücker Dauerbrennern, Spuren hinterlassen hatte.

Gegen die Franzosen war ihnen eine perfekte Niederlage geglückt. Schnell führte Baum gegen Europameister Robert Gardos mit 2:0. Auch im dritten Satz lag der deutsche Nationalspieler vorne. Doch nach einer Auszeit drehte Gardos das Spiel (2:3).

So kam es einmal mehr auf Tokic an. Gegen den Ex-Saarbrücker João Monteiro sah es zwischenzeitlich nach einer Niederlage aus. Das Duell entwickelte sich zum spannendsten Spiel des Abends, das der Saarbrücker mit 3:2 für sich entschied. Dieses Ergebnis war umso bedeutender, da Tiago Apolonia zwar wieder dabei war, ohne aber voll einsatzfähig zu sein. Nach einer Knieverletzung hatte der Portugiese letzte Woche bei den Europe Top 16 aufhorchen lassen. Diesmal behinderten ihn Rückenprobleme, er unterlag Pär Gerell mit 1:3. Ein Glück also, dass Tokic seine Partie gewonnen hatte. "Wenn es ganz schlecht läuft, verlieren wir 0:3", meinte FCS-Trainer Slobodan Grujic.

Was aber folgte, war eine kleine Lehrstunde in der höheren Mathematik des Europapokals: Baum durfte sein Einzel gegen Monteiro zwar verlieren. Doch er musste wenigstens zwei Sätze gewinnen. Denn: Hätte Chartres nach dem 1:3 im Viertelfinal-Hinspiel mit demselben Ergebnis in Saarbrücken gesiegt, wäre das bessere Satzverhältnis entscheidend gewesen. Das beschäftigte auch Baum. "Ich wollte wissen, was ich machen muss", sagte er. Als Baum um 22.34 Uhr mit 2:0 in Führung ging, war das Viertelfinale vorbei, ohne beendet zu sein. Nichts ging mehr für Chartres. "Das war ein bisschen komisch, so mittendrin", fand auch Baum.

Nun steht Saarbrücken erstmals seit 2012 wieder im Halbfinale der Champions League. Gegner wird Fakel Orenburg sein, voraussichtlich am 10. März zuerst zu Hause. Diese Paarung gab es in der K.o.-Runde schon einmal, 2014/2015 im Viertelfinale. Beide Spiele verlor der FCS mit 0:3. Auch diesmal erscheint ein Weiterkommen gegen die Weltklassespieler um Dimitrij Ovtcharov unwahrscheinlich. Trotzdem erwartet Erwin Berg einen denkwürdigen Abend: "So ein Spiel kriegen wir in den nächsten zehn Jahre nicht mehr."

Anders als Saarbrücken verpasste Ochsenhausen am Freitag gegen Borussia Düsseldorf zwar das europäische Halbfinale. Das war den Gästen gestern aber nicht anzumerken. Baum kam mit Yuto Muramatsu selten zurecht (0:3). Tokic unterlag Hugo Calderano mit 1:3. Schließlich musste sich Tomas Polansky, sonst in der zweiten Mannschaft, gegen Jakub Dyjas in drei Sätzen geschlagen geben. "Wie Trappatoni gesagt hat: Heute Flasche leer", gab Tokic offen zu. Er sagte aber auch: "Zwei Ziele haben wir schon geschafft."

Damit meinte Tokic das Erreichen des Pokalfinals und der Runde der letzten Vier in Europa. Das dritte Ziel: die Playoffs um die deutsche Meisterschaft. Durch die Niederlage ist Saarbrücken auf den vierten Platz abgerutscht, steht nur zwei Punkte vor dem Fünften. Und im nächsten Spiel geht es zum Tabellenführer nach Düsseldorf. Wirklich, ohne Ironie.

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