Zwei Milliarden für einen Mord

Wien · Einen Klassiker der deutschsprachigen Literatur hat der gebürtige Saarländer Andreas Gergen auf die Musicalbühne des Wiener „Ronacher“ gebracht: „Der Besuch der alten Dame“ von Friedrich Dürrenmatt. Wir haben das Stück in Wien gesehen.

 Bei der Premiere in Wien (v.l.): Masha Karell, Uwe Kröger, Andreas Gergen, Pia Douwes, Intendant Christian Struppeck. Foto: Schöndörfer/VBW

Bei der Premiere in Wien (v.l.): Masha Karell, Uwe Kröger, Andreas Gergen, Pia Douwes, Intendant Christian Struppeck. Foto: Schöndörfer/VBW

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Endlich mal wieder ein Musical, dem eine starke Geschichte zugrunde liegt. Sie stammt von Friedrich Dürrenmatt und wurde schon mehrfach verfilmt und inszeniert. Vor zwei Jahren hat sich der gebürtige Saarländer Andreas Gergen als Regisseur des Stoffes angenommen. Und nun feierte "Der Besuch der alten Dame" im Theater "Ronacher" in Wien Premiere. Gergen ist stolz, wie er der SZ erzählt, dass er nun "in die Fußstapfen der bisherigen Wiener Musical-Klassiker" treten kann. Und darauf, dass "eine eigenständige Musicalfassung der Original-Vorlage" gelungen sei - "auch emotional". Gergen spricht von einem "extrem positiven" Feedback.

Und in der Tat: "Der Besuch der alten Dame" hebt sich von dem ab, was derzeit in vielen Musical-Theatern gespielt wird. Hier gibt es nicht nur eingängige Melodien, schicke Kostüme und ein tolles Bühnenbild, sondern auch eine richtig spannende Handlung: Im Mittelpunkt steht Claire Zachanassian. Vor vielen Jahren war die aus ihrem Heimatdorf Güllen vertrieben worden, nachdem ihre große Liebe Alfred Ill ihr gemeinsames Kind verleugnet hatte. Claire, nach einem Unfall auch noch schwer verletzt, verlor das Kind, verdiente mit Prostitution ihren Lebensunterhalt und schaffte es dank ihrer Ehen und einem ausgeprägten Geschäftssinn, als Milliardärin nach Güllen zurückzukehren. Nun hat sie ein Ziel: Rache an Alfred und dem ganzen Ort. Sie verspricht dem heruntergekommenen Städtchen zwei Milliarden Euro - wenn Alfred stirbt. Es geht um Rachsucht und Liebe, auch um Rückgratlosigkeit und fehlendes Verantwortungsbewusstsein.

Die Lieder (Musik: Moritz Schneider und Michael Reed; Liedtexte: Wolfgang Hofer) sind gelungen, auch wenn ein echter Ohrwurm fehlt. Das Buch (verantwortlich: Christian Struppeck) ist durchdacht und heutigen Verhältnissen angepasst. Besonders stark sind die Rückblenden, die zeigen, wie die junge Claire (bezaubernd: Lisa Habermann) und Alfred (Riccardo Greco) sich verliebten und trennten.

Auch die Besetzung ist gelungen - bis in die Nebenrollen. Vor allem aber natürlich die drei Hauptdarsteller, deren Namen bereits bei der "Elisabeth"-Uraufführung in Wien vor über 20 Jahren zu finden waren: Pia Douwes (Claire), Uwe Kröger (Alfred) und Ethan Freeman (Lehrer). Deren gesangliche Power überzeugt. Hinzu kommt, dass Uwe Kröger sich schauspielerisch auf enorm hohem Niveau bewegt. Die Mimik und Gestik des Musical-Stars sind beeindruckend. Gergen bestätigt, dass er gerne mit Uwe Kröger auch bei der deutschsprachigen Erstaufführung der "Addams Family" im Sommer im Zeltpalast in Merzig zusammenarbeiten würde. Ob das klappt, stehe noch nicht fest. Immerhin verspricht Gergen für die Produktion "einige bekannte Namen aus der Branche".

Im Publikum bei der Premiere in Wien saß übrigens auch Joachim Arnold, der Geschäftsführer von Musik und Theater Saar. Sein Urteil: "Tolle Musik, ordentlicher Schalldruck, schnelle Szenen mit super Choreografie, großartige Darsteller und stringente Regie. Alles in allem sehr gute Unterhaltung mit Haltung."

Läuft im Ronacher, Seilerstätte 9, Wien: Dienstag 18.30 Uhr, Mittwoch bis Samstag um 19.30 Uhr, Sonntag um 18 Uhr, Montag ist spielfrei. Karten und Infos: www.musicalvienna.at

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Zur PersonAndreas Gergen wurde 1973 in Saarlouis geboren. Ab 1995 studierte er an der Hochschule der Künste in Berlin, wo er noch heute wohnt. Gergen war Geschäftsführer und künstlerischer Direktor des Berliner Schlossparktheaters. Später wechselte er in die Entwicklungs-Abteilung der Stage Entertainment. Zu seinen Inszenierungen zählen unter anderem "Die Zauberflöte" und "Hänsel und Gretel" am Staatstheater Saarbrücken. Mittlerweile ist Gergen Operndirektor am Salzburger Landestheater. him

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