Zufall drauf, und kräftig umrühren

Saarbrücken · Am Sonntag hat der Saarbrücker Medienkünstler Volker Schütz Einblicke in seine Arbeit gegeben. Bei dem Werkstattgespräch im Kino Achteinhalb liefen einige seiner Experimentalfilme, und danach testete er seine „Körperteil-Verlängerungs-Maschine“ an zwei mutigen Probandinnen.

 Volker Schütz erklärt seine Kunst im Kino Achteinhalb. Foto: tok

Volker Schütz erklärt seine Kunst im Kino Achteinhalb. Foto: tok

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Glück muss man haben, auch als Experimentalfilmer: Wenn ein kleiner blecherner Dosendeckel genauso breit ist wie das Objektiv einer Kamera, kann man sich flugs eine Lochkamera bauen: Objektiv abschrauben, eine kleine Öffnung in den Deckel bohren und den an der Kamera befestigen - fertig ist ein linsenfreier Apparat. Das durch den Deckel scheinende Licht bringt meist leicht unscharfe, verschleierte und dadurch nicht selten mysteriöse Bilder hervor.

Diese Eigenbau-Lochkamera war nur eine der denkwürdigen Bildmaschinen, die der Medienkünstler Volker Schütz bei seinem gut besuchten Werkstattgespräch des Saarländischen Filmbüros am Sonntag ins Kino Achteinhalb gebracht hatte - der Saarbrücker, der sich selbst als "Bildforscher" bezeichnet, zeigte unter anderem eine Kinderkamera von der Kirmes, die vier Fotos kurz hintereinander belichtet, wie eine kleine Serie; mit dabei war auch eine seltene japanische Spielerei aus den 80ern: eine Kamera, die nicht auf Videoband aufzeichnet, sondern auf Audio-Cassetten - mit höchst zweifelhafter Bildqualität, die dadurch aber einen hohen Reiz des Verfremdeten besitzt.

Im Gespräch mit Sigrid Jost vom Saarländischen Filmbüro erklärte Schütz das Prinzip seiner experimentellen Filme : Durchkomponiert seien die nicht, sagt er, er wolle weder von Kunst noch von reinem Handwerk sprechen, eher von "Elementen, die man zerhackt und neu zusammensetzt. Dann noch Zufall drüberschütten und gut umrühren." Das klang angesichts der Filme des 46-Jährigen sympathisch tiefstapelnd, denn die wirkten mit ihren aneinander montierten Einzelbildern, die dadurch eine Bewegung vorgaukeln, sorgsam komponiert.

Ein Bild, sieben Sprachen

Da ist "Heimat", drei Minuten lang, mit einer siebensprachigen Tonspur und Bildern einer jungen Frau, deren Gesicht langsam aus einer diffusen Dunkelheit dringt. Der Text sinniert über die Heimat und was man klassischerweise mit dem Begriff verbindet; die Frau braucht all die nicht und kommt zu dem Schluss: "Das Einzige, was bleibt, bin ich." Das ist keine revolutionär neue Erkenntnis, aber Schütz' Film transportiert sie sehr eigenwillig und höchst reizvoll.

Das gilt auch für "Der Tanz von Prinzessin Hiroshibelle", einen achtminütigen Film aus einer grau-beigen Geister- und Zwischenwelt (gefilmt wurde am Saarbrücker Osthafen), mit Tangotänzern und entrückt wirkenden Klängen des elektronischen Instruments Theremin - hier begegnet dunkle Poesie beklemmenden Momenten, die aus jüngeren japanischen Geisterfilmen wie "The Ring" stammen könnten. "Sag mir Himmel" schloss sich an, der sechsminütige Dialog eines Liebespaares, begleitet von dezent verfremdeten Strand- und Meerbildern - berührend.

Vor dem Kehraus mit zwei witzigen, minimalistischen Schütz-Videoclips für das saarländische Duo Ja! Ja! Ja! packte er seine "Körperteilverlängerungsmaschine" aus: einen Apparat aus der Bürotechnik der 80er Jahre (Schütz fand ihn bei ebay), der aussieht wie ein Diaprojektor, aber 30 Sekunden lang belichtete Aufnahmen auf Thermo-Papier macht, ähnlich wie ein Faxgerät. Zwei Probandinnen dirigierte Schütz in langsamen Bewegungen über die Bühne des Kinos ; auf dem entstandenen Bild lösten sich die Proportionen der Frauen auf, die nun meterlange Arme schwangen - ein bisschen Jux, ein bisschen Bild-Experiment und das Ende einer munteren Filmwerkstatt, die Eigenwilliges mit Unterhaltendem verband - ein guter Abend.

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