Zu wenige Arbeitsvermittler

Berlin. Fordern und fördern? Letzteres scheint sich bei der Bundesagentur für Arbeit (BA) schwieriger zu gestalten. Nach Informationen unserer Zeitung fehlen der BA zwischen 900 und 1000 Arbeitsvermittler. Und nicht nur das: Ende des Jahres laufen bei den Arbeitsagenturen und Jobcentern Tausende befristete Arbeitsverträge aus

Berlin. Fordern und fördern? Letzteres scheint sich bei der Bundesagentur für Arbeit (BA) schwieriger zu gestalten. Nach Informationen unserer Zeitung fehlen der BA zwischen 900 und 1000 Arbeitsvermittler. Und nicht nur das: Ende des Jahres laufen bei den Arbeitsagenturen und Jobcentern Tausende befristete Arbeitsverträge aus. Eine schnellere Vermittlung von Jobsuchenden, wie sie die Politik ständig fordert, wird deshalb für die BA-Beschäftigten immer mühevoller.21 Prozent befristete JobsDen Mangel an Vermittlern hat das Bundesarbeitsministerium jetzt eingeräumt: Um bundesweit den gesetzlich angestrebten Betreuungsschlüssel für Erwerbslose "auf der Basis der aktuellen Personal- und Kundendaten" zu erreichen, seien rechnerisch rund 900 Vollzeitstellen zusätzlich erforderlich, so der Staatssekretär im Arbeitsministerium, Gerd Hoofe, in einer Antwort auf eine Anfrage der Linken im Bundestag. Der Betreuungsschlüssel beschreibt die Anzahl der Arbeitsuchenden, um die sich ein Fallmanager kümmern muss. Offiziell soll ein Vermittler 75 unter 25-Jährige Hartz IV-Empfänger betreuen oder 150, die älter sind. Laut Arbeitsministerium ist das aber bei weitem nicht der Fall: Auf einen Vermittler kommen demnach 85 jüngere oder 157 ältere Hartz-IV-Empfänger. "Die Bundesregierung bricht ihre eigenen Gesetze", schimpft die arbeitsmarktpolitische Sprecherin der Linken, Sabine Zimmermann. In der Folge seien die Beschäftigten der Bundesagentur "überlastet" und könnten sich nicht genügend um jeden einzelnen Erwerbslosen kümmern. Im Saarland ist die Situation nach Auskunft der BA-Regionaldirektion jedoch deutlich besser . Nach Zahlen für die Zeit von April 2009 bis März 2010 betreute ein Vermittler in den Jobcentern 69 jüngere oder 136 ältere Hartz-IV-Bezieher. Einer internen Statistik zufolge hatten im August von den rund 109 000 Beschäftigten der BA 22 500 einen befristeten Arbeitsvertrag, was einem ungewöhnlich hohen Anteil von knapp 21 Prozent entspricht. Zum Jahresende laufen nun offenbar Tausende dieser Verträge aus. Denn kürzlich sprach Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) davon, dass im Zuge der Jobcenter-Reform lediglich 3200 Mitarbeiter in eine feste Stelle übernommen würden. Im Saarland werden laut BA bei den Jobcentern 168 befristete Arbeitsverhältnisse nicht verlängert, 80 Beschäftigten sei eine unbefristete Stelle in Aussicht gestellt worden. Der Arbeitsministerin dürften die neuen Zahlen jedenfalls nicht gefallen. Unlängst hatte von der Leyen noch angekündigt, die Vermittlung der Langzeitarbeitslosen flächendeckend verbessern zu wollen. Mit dem offenkundigen Mangel an Vermittlern hat sich nun für die Ministerin eine weitere Baustelle neben der Neuberechnung der Hartz IV-Regelsätze aufgetan, die der Gesetzgeber bis Ende des Jahres laut Bundesverfassungsgericht neu festlegen muss. Im Oktober soll dazu das Konzept vorliegen. Meinung

Die Qualität leidet

Von SZ-KorrespondentHagen Strauß Die Folgerungen aus den neuesten Zahlen über die Arbeitsvermittler bei der Bundesagentur für Arbeit liegen auf der Hand: Müssen sich weniger BA-Beschäftigte um mehr Arbeitslose kümmern, dann leidet die Qualität der Vermittlung, und die Erfolgsaussichten für Erwerbslose auf einen neuen Job mindern sich. Eigentlich sollte die Arbeitsvermittlung ja schneller, flexibler und treffsicherer werden. Wenn aber Hunderte von Vermittlern fehlen und Tausende von Arbeitsverträgen bei der BA auslaufen, dann ist etwas faul. Denn offenkundig wäre mehr Vermittlung möglich, wenn die Arbeitsagenturen und Jobcenter wie geplant mit Mitabeitern ausgestattet wären. Ministerin von der Leyen hofft offenbar, dass die Vermittler künftig weniger zu tun haben werden. Diese Überlegung könnte sich schnell als Fehleinschätzung erweisen: Der Aufschwung ist noch lange nicht robust.

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