„Zahlmeister ist die junge Generation“

Heute wird das Rentenpaket und damit auch die Rente mit 63 im Bundestag verabschiedet. Die mittelständische Wirtschaft hält es für einen großen Fehler. Warum das so ist, erläutert Wolfgang Herges, Landesvorsitzender Saarland des Verbandes der Familienunternehmer (ASU). Das Gespräch führte SZ-Redakteur Lothar Warscheid.

Herr Herges, wie wird sich Ihrer Meinung nach die Rente mit 63 auswirken?

Herges: Die Rente mit 63 wird dazu führen, dass viele qualifizierte Leute früher in Rente gehen als geplant. Sie wird auch zur Folge haben, dass wir enorme Kostensteigerungen im Bereich der Sozialversicherungen bekommen. Außerdem befürchten wir Steuererhöhungen.

Wieso Steuererhöhungen?

Herges: Die Finanzierung des Rentenpakets ist ja erst bis 2017 gesichert. Wenn die Reserven aus den Rentenkassen dann aufgebraucht sind, werden höhere Beitragssätze notwendig sein. Ob dies ausreicht, darf bezweifelt werden, so dass dann der Steuerzahler weiteres Geld zuschießen muss.

Wer wird noch für die Rente mit 63 zahlen müssen?

Herges: Der Zahlmeister dieser Reform ist ganz klar die junge Generation. Sie muss unterm Strich mehr einzahlen und weiß gleichzeitig, dass sie am Ende eine noch niedrigere Rente bekommt.

Wird das Saarland wegen des starken industriellen Kerns besonders betroffen sein?

Herges: Ich glaube schon, dass das Saarland stärker betroffen ist, weil wir immer noch einen hohen Industrie-Anteil haben. Außerdem trifft uns der demografische Wandel jetzt schon härter als andere Bundesländer.

Sind 45 Arbeitsjahre in manchen Berufen eigentlich nicht ausreichend?

Herges: Wir streiten nicht ab, dass es Einzelfälle gibt, wo die Menschen dann ausgelaugt sind. Der zentrale Fehler ist das pauschale Angebot über alle Berufe. Daher können auch Verwaltungsfachangestellte früher in Rente gehen. Es ist ein Mythos, dass es CDU und SPD in dem Paket um körperlich hart arbeitende Menschen geht. Dann hätte die Erwerbsminderungsrente deutlich erhöht werden müssen. In dem jetzt vorgelegten Reformpaket wurde hier nur Kosmetik betrieben. Die zusätzlichen Ausgaben bei der Erwerbsminderungsrente addieren sich gerade mal auf zwei Prozent der Gesamtausgaben.

Was können die Mittelständler denn tun, um die Menschen länger in Arbeit zu halten?

Herges: Unser Ziel muss sein, dass Menschen in Berufen mit hoher körperlicher Belastung in ihrem letzten Arbeitsdrittel andere Tätigkeiten ausüben können. Und zwar am besten schon, bevor sie körperliche Schäden haben. Die Familienunternehmen machen hier schon eine ganze Menge. Eine aktuelle Umfrage unter unseren Mitgliedsunternehmen belegt, dass jede zweite Firma bereits flexible Arbeitszeiten anbietet und jeder vierte Betrieb gezielte Angebote zu Weiterbildung und Qualifizierung unterbreitet. Außerdem spielt das Gesundheitsmanagement eine große Rolle.

Erwarten Sie, dass viele Arbeitnehmer dieses Angebot annehmen werden?

Herges: Ich fürchte, ja. Denn bei den Frühverrentungsangeboten der vergangenen Jahre haben fast alle Berechtigten die Möglichkeit in Anspruch genommen. Für viele unserer Unternehmen ist das eine Katastrophe. Mehr als die Hälfte der Familienbetriebe haben Mitarbeiter, die sich bis Ende 2014 für die Rente mit 63 entscheiden können. Einige Betriebe verlieren mehr als zehn Prozent ihrer Belegschaft. Da werden alle Personalplanungen Makulatur.

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