Zähes Ringen um griechische Lösung

Brüssel · Die griechische Regierung drängt auf Erleichterung der Schuldenlast, ist damit aber bei den Euro-Partnern auf taube Ohren gestoßen. Die Hellenen müssten erst Erfolge liefern, bevor sie neues Geld ausgeben könnten.

Das Tauziehen zwischen den Mitgliedern der Euro-Zone und Athen um eine Lösung für Griechenland hat begonnen. Doch dass es schon gestern Abend bei einem Sondertreffen der 19 Finanzminister des Euro-Raums einen Durchbruch geben würde, hatte nicht einmal der Chef der Runde, Jeroen Dijsselbloem , erwartet: "Heute gibt es keine Lösung, das weiß ich aus Erfahrung. Das geht Schritt für Schritt", sagte er vor Beginn der Beratungen.

Seit Sonntag hatten Unterhändler der Euro-Staaten und Griechenlands unter Mithilfe der EU-Kommission versucht, neue Wege zu finden. Eine Sprecherin von Kommissionschef Jean-Claude Juncker nannte die Verhandlungen später "nicht sehr fruchtbar". Andere wollten dagegen Umrisse eines möglichen Kompromisses erkennen. Athen sei bereit, 70 Prozent der Reformauflagen zu erfüllen. 30 Prozent lehne man aber aus sozialen Gründen ab. Die Euro-Partner hätten, so die Gerüchte weiter, zugestimmt, wenn versucht werde, die benötigten Mittel an anderer Stelle, beispielsweise durch Bekämpfung der Korruption und Steuerhinterziehung einzubringen. Aus der Kommission hieß es gar, es werde eine sechsmonatige Schonfrist für Griechenland erwogen. "Erstens weiß ich davon nichts, zweitens ist die Kommission nicht zuständig", stellte Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU ) klar.

Als es dann am frühen Abend ernst wurde, stand der deutsche Kassenwart keineswegs alleine da. "Die Euro-Staaten treten hier sehr geschlossen auf", betonte ein hochrangiger EU-Diplomat. Soll heißen: Das Verständnis für die Athener Forderungen nach einem Schuldenschnitt treffen nicht nur in Berlin auf Ablehnung. Auch aus Belgien, Frankreich, den Niederlanden, Italien und anderen Ländern hieß es, die Hellenen müssten erst mal liefern, ehe sie wieder anfangen könnten, Geld auszugeben. Selbst der Madrider Finanzminister lehnte deutlich "jede Vorzugsbehandlung für Griechenland" ab. Eine Position, die Athens Finanzminister Gianis Varoufakis überrascht haben dürfte. Spanien legte dar, dass man selbst 4,5 Prozent seiner Wirtschaftsleistung für den Schuldendienst aufbringen müsse, während Griechenland gerade mal mit zwei Prozent belastet sei.

Auch Finanzmarktexperten wie Michael Kemmer , Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes deutscher Banken, rechnete vor, dass Athens Belastungen keineswegs unerträglich hoch seien. "Griechenland zahlt für seine Verbindlichkeiten 2,4 Prozent Zinsen, Deutschland kommt hingegen auf 2,7 Prozent." Der Schuldendienst sei für die neue Regierung tragbar, weil die Zinsen "extrem niedrig" seien und die Tilgung der Hilfsdarlehen ins nächste Jahrzehnt verschoben worden sei.

Dennoch drängt die Zeit. Am 28. Februar läuft das zweite Hilfspaket aus. Die noch ausstehende Tranche könne "jederzeit" ausgezahlt werden, sagen Kommissionsexperten in Brüssel . "Vorausgesetzt, die Regierung akzeptiert die Auflagen." Sollte es zu keiner Einigung kommen, werde sich sein Land nach anderen Geldgebern umsehen, hatte Athens Außenminister Nikos Kotzias gesagt. Russlands Außenamtschef Sergej Lawrow kündigte umgehend an, eine solche Bitte zu prüfen, wenn sie eingehe. Doch so weit ist es noch nicht. Heute kommen die 28 Staats- und Regierungschefs der EU in Brüssel zusammen. Es wird auch die erste Begegnung des neuen griechischen Premiers Alexis Tsipras mit Kanzlerin Angela Merkel sein.

Meinung:

Sinnlose Kraftmeierei

Von SZ-Korrespondent Detlef Drewes

Es ist ein sinnfreies Spiel, das die neue Athener Regierung derzeit mit ihren Euro-Partnern treibt. Nicht nur im Kreis der Finanzminister , sondern auch in der Runde der Staats- und Regierungschefs gibt es wenig Verständnis für die kraftmeiernden Auftritte der vergangenen Tage. Es wird Zeit, dass sowohl Athens Premier Alexis Tsipras wie auch seins Minister aus dem Wahlkampf-Modus in Normalbetrieb schalten. Denn nur so können sie auch etwas von dem erreichen, was sie wollen - und was Griechenland unbestritten braucht. Nämlich die Bereitschaft der EU, auf die Hellenen zuzugehen, ihnen sogar mehr Freiraum für soziale Maßnahmen einzuräumen, damit das Land nicht jedes Gleichgewicht verliert. Aber niemand kann verstehen, warum man Athen erlauben sollte, auf notwendige Reformen, etwa beim Eintreiben von Steuern, zu verzichten oder diese sogar zurückzudrehen. Da müssen EU und Euro-Zone hart bleiben.

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